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DocMorris darf Rabatte geben

Arzneimittel Die Preisbindung bei rezeptpflichtigen Medikamenten in Deutschland verstößt gegen den freien Warenhandel, urteilt der Europäische Gerichtshof

Deutsche Apotheker reagieren alarmiert, Versandapotheken hingegen erfreut Foto: Christopher Clem Franken/visum

von Christian Rath

FREIBURG taz | Die Preisbindung für Apotheken gilt nicht für ausländische Versandapotheken wie DocMorris. Das entschied am Mittwoch der Europäische Gerichtshof (EuGH). Für deutsche Apotheken bleibt die Preisbindung vorerst bestehen.

Das deutsche Arzneimittelgesetz sieht einen „einheitlichen Arzneimittelabgabepreis“ für verschreibungspflichtige Medikamente vor. Dieser setzt sich aus drei Faktoren zusammen: dem vom Hersteller festgesetzten Preis, dem Großhandelszuschlag und dem Apothekenzuschlag. Letzterer beträgt je nach Preis des Medikaments zwischen 8 und 68 Prozent. Rabatte sind unzulässig.

Dass die strengen Regeln auch für ausländische Versand­apotheken gelten, hatte im August 2012 der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entschieden. Zwei Monate später schrieb der Bundestag dies sicherheitshalber auch im Arzneimittelgesetz fest.

Anlass des EuGH-Verfahrens war ein Rabatt-Modell, das die niederländische Versandapotheke DocMorris 2009 mit der Deutschen Parkinson-Vereinigung aushandelte. Verbandsmitglieder sollten danach einen Bonus von 2,50 Euro pro Rezept sowie einen Extrabonus in Höhe von 0,5 Prozent des Warenwerts erhalten. Dagegen klagte die deutsche Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Das Oberlandesgericht Düsseldorf legte die Frage dem EuGH vor. Vor dem EuGH rechtfertigte die Bundesregierung die Preisbindung ­damit, dass sie der Gesundheit der Bevölkerung diene. Bei einem ruinösen Preiswett­bewerb der Versandhändler müssten viele kleine Apotheken aufgeben, es sei dann keine flächendeckende Versorgung mit guter apothe­kerischer Beratung mehr gegeben.

Diese Argumentation überzeugte den EuGH nicht. Die Freigabe der Preise könne auch eine Verbesserung der Versorgung in der Fläche bewirken, weil an schwierigen Standorten höhere Preise als bisher verlangt werden können, so der EuGH. Traditionelle Apotheken könnten dem Preisdruck der Versandhändler durchaus widerstehen, wenn sie sich mehr auf ihre Kompetenz in der persönlichen Beratung konzentrieren. Auch bei der Herstellung von individuellen Arzneimitteln könnten klassische Apotheken punkten. Dagegen brächte der Preiswettbewerb Vorteile für die Patienten. Günstigere Preise für Medikamente nützten auch der Gesundheit, so der EuGH. (Az. C-148/15)

Bei einem ruinösen Preiswettbewerb müssten viele kleine Apotheken aufgeben

Der Apothekerverband ABDA kritisierte das Urteil: „Es kann nicht sein, dass ungezügelte Marktkräfte über den Verbraucherschutz im Gesundheitswesen triumphieren“. Doc Morris kündigte an, künftig zwischen 2 und 12 Euro Rabatt pro Rezept zu gewähren.

Nach Ansicht der klagenden Wettbewerbszentrale gilt das Urteil nur für ausländische Versandapotheken. Der Gesetzgeber müsse nun entscheiden, ob er die Preisbindung generell aufheben wolle.

Alternativ könnte der Bundestag auch den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten verbieten. 2003 hat der EuGH ein Verbot des Versandhandels mit rezeptfreien Medikamenten beanstandet, aber angedeutet, dass ein Verbot bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln aus Gesundheitsgründen gerechtfertigt sein könnte.

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