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Musliminnen beklagen Übergriffe

Diskriminierung Kopftuchträgerinnen berichten in Hamburg über immer mehr Anfeindungen. Statistisch erfasst werden die Motive von Attacken aber nicht

Die Schura, der Rat der islamischen Gemeinden in Hamburg, hat am Wochenende von immer mehr Beleidigungen und Übergriffen gegen Musliminnen berichtet, die Kopftuch tragen. „Viele Musliminnen fahren nur noch Auto, weil sie Angst haben im öffentlichen Nahverkehr“, sagte die Frauenbeauftragte der Schura, Özlem Nas, der Deutschen Presse Agentur .

Eine geflüchtete Frau muslimischen Glaubens etwa wurde im September in Harburg nach eigenen Angaben gleich zweimal wegen ihrer religiösen Verschleierung körperlich attackiert: In beiden Fällen sei sie von einer Frau beleidigt worden, die ihr anschließend den Schleier vom Gesicht riss. Einmal passierte es im Bus, ein weiteres Mal in einem Geschäft.

Eine 26-jährige Konvertitin berichtete über einen Vorfall am U-Bahnhof Jungfernstieg: „Eine Frau kam von hinten, hat mich gepackt. Sie wollte mein Kopftuch runterreißen, aber sie hat auch meine Haare runtergerissen.“ Sie erlitt eine Entzündung zwischen den Halswirbeln. „Ich werde tagtäglich beleidigt. Mein Sohn wird beleidigt und angerempelt. Wir werden angespuckt“, sagte die Pädagogik-Studentin. Ihr vierjähriger Sohn werde als „kleiner Kanake“ beschimpft und bekomme Sprüche zu hören wie: „Das Problemvolk vermehrt sich.“ Die Staatsanwaltschaft leitete inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung gegen die 50-jährige mutmaßliche Angreiferin ein.

Wie viele Verfahren dieser Art in Hamburg geführt werden, kann Oberstaatsanwältin Nana Frombach aber nicht sagen. Die Ermittlungen werden wegen Beleidigung oder Körperverletzung geführt, das islamfeindliche Motiv der Tat werde nicht statistisch erfasst. Birte Weiß von der Beratungsstelle Amira für Opfer von Diskriminierung sagte auf die Frage nach einer möglichen Zunahme anti-islamischer Vorfälle: „Das ist etwas, was wir deutlich feststellen.“

Nach Angaben der Bundesregierung sank die Zahl der Anschläge auf Moscheen sowie tätlicher Übergriffe auf Muslime im ersten Halbjahr 2016 im Vergleich zu den sechs Monaten davor. Die Sicherheitsbehörden zählten von Januar bis Juni 2016 bundesweit 29 islamfeindliche Anschläge. Im zweiten Halbjahr 2015 waren es noch 44 Vorfälle. (dpa)

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