: Pioniere der Vertragstheorie
Wissenschaften Der Nobelpreis für Wirtschaft geht an zwei Ökonomen, die Beziehungen im Wirtschaftsleben erforschen. Was hat das Komitee dazu getrieben?
von Rudolf Hickel
Dabei geht es um die „Principal Agent Theory“. Wenn der Prinzipal (Auftraggeber) einen Auftrag erteilt, dann ist noch lange nicht gewiss, ob der Beauftragte auch die Hoffnungen erfüllt. Oft wird dieser versuchen, das Beste für sich selbst herauszuholen und seinen Informationsvorsprung auszunutzen.
Dazu zwei Beispiele: In einer Aktiengesellschaft vertritt der Aufsichtsrat die Aktionäre und schließt einen Vertrag mit dem Vorstand, der dann das eigentliche Management der Firma übernimmt. Es ist jedoch höchst ungewiss, ob der Vorstand das Interesse der Aktionäre (Shareholder) im Auge hat. Die Manager könnten auch versuchen, durch kurzfristiges Denken ihre Gehälter in die Höhe zu treiben. Die letzte Finanzkrise hat anschaulich vorgeführt, dass Investmentbanker sogar illegale Praktiken verfolgten, um ihre Boni zu erhöhen.
Ein weiteres Beispiel zeigt das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber (Prinzipal) und dem Beschäftigten (Agent). Der Chef kann nicht vollständig kontrollieren, ob sich die Arbeitnehmer auch tatsächlich mit ganzer Kraft für die Firma einsetzen. Ein gewisses Misstrauen bleibt.
Die beiden Nobelpreisträger haben viele Ideen entwickelt, mit denen das Dilemma zwischen dem Prinzipal und den Agenten ökonomisch rational lösbar sein soll. Dennoch kann ihr Werk nicht als besonders innovativ gewertet werden. Im Kern geht es mit der Vertragstheorie nur darum, die peinliche Ausblendung von (Fehl-)Verhalten zwischen Auftraggeber und -nehmer in den neoklassischen Entscheidungsmodellen zur Theorie der Arbeitsmärkte und Unternehmensverfassungen zu beenden. Dazu gehört auch die Ausschaltung moralischen Fehlverhaltens.
Dennoch fehlen noch immer wichtige Themen: So ist längst bekannt, dass die Arbeitsbedingungen darüber entscheiden, ob sich Beschäftigte für ihre Firmen einsetzen. Dazu gehört etwa der Führungsstil der Vorgesetzten. Auch hat sich gezeigt, dass Boni eher kontraproduktiv sind. Diese empirischen sozialpsychologischen Untersuchungen spielen in der Ökonomie jedoch keine Rolle. Auch die betriebliche Mitbestimmung kommt bei den beiden Nobelpreisträgern nicht vor, obwohl sie die Motivation der Arbeitnehmer und damit die Effizienz der firmeninternen „Verträge“ deutlich erhöhen.
Meinung + Diskussion
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen