: Der Köbes
Wie machen Sie das?
In Köln ticken die Uhren anders. Ein Bier wird hier nicht bestellt, sondern zugeteilt. Der Gast muss warten. Und der Köbes, wie die Kellner hier genannt werden, dreht mit einem vollen Kranz seine Runden und stellt ihm wortlos ein Kölsch hin. Echte Kölner wissen das. Touristen versuchen es bisweilen mit wildem Fuchteln, aber das nützt nichts. Auch sie müssen sich gedulden, bis der Köbes zu ihnen kommt. In den Arbeitsverträgen der Kölner Kellner steht zwar meist, dass Alkohol während der Arbeitszeit verboten ist. Einige Wirte drücken aber ein Auge zu, der Tradition wegen. Ralf Engels, 46, arbeitet seit zwei Jahren im Gaffel am Dom. Sein Chef sagt, er sei ein trinkfester, aber seriöser Köbes.
taz.am wochenende: Herr Köbes, Sie schaffen es, den ganzen Abend über immer wieder mit Gästen anzustoßen und trotzdem nüchtern zu bleiben. Wie machen Sie das?
Ralf Engels: Das ist jahrelange Erfahrung. Man kennt sich ja selbst und seine Grenzen, man weiß, wie weit man gehen kann. Wichtig ist, genauso viel Wasser wie Kölsch zu trinken, das hilft sehr. Und eine kräftige Mahlzeit vor der Schicht und zwischendurch mal ein Mettbrötchen.
Auf wie viele Kölsch kommen Sie da so an einem Abend?
So zehn bis fünfzehn. Ein Kölsch hat 0,2 Liter, das geht also schon. Bei uns ist es immer brechend voll, ich bin die ganze Zeit im Stress. Da tut ein Kölsch zwischendurch für die Seele ganz gut. Es gibt Legenden von Köbes’ aus den 20er und 30er Jahren, die pro Schicht 50, 60, 70 Kölsch getrunken haben. Das kann ich mir natürlich nicht leisten. Aber solange der Chef weiß, dass ich damit umgehen kann und am Schichtende auch noch meine Abrechnung richtig mache, sieht er drüber hinweg.
Sie lehnen also nie ab?
Wenn der Gast mir ein Kölsch anbietet, muss ich mittrinken, das gehört zur Tradition. Es geht schließlich immer um den Kunden – er muss zufriedengestellt werden. Und am Ende gehen dann alle mit einem glücklichen Lächeln nach Hause.
Interview Christina Spitzmüller
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen