Unverbremt: Simone Schnase über Bremer Barrieren: Von wegen „Weg frei“!
Wer in den letzten zwei Wochen zum oder ab dem Waller Bahnhof mit der Bahn fahren wollte, tat gut daran, das ohne Kinderwagen, Rollstuhl oder Rollator zu tun: Der einzige Fahrstuhl, der alternativ zu den mindestens 25 Treppenstufen hoch zum Gleis zur Verfügung stand, war kaputt. Zwei Wochen lang.
Dass der Bahnhof Walle zwar offiziell, nicht aber in der Praxis barrierefrei ist, hat die taz bereits im August berichtet: Die Schaukästen mit Infotexten des Verkehrsverbundes VBN und der Bahn AG hängen so hoch, dass sie für RollifahrerInnen gerade noch am unteren Rand lesbar sind, für den einzigen Fahrscheinautomaten gilt das gleiche. Aber barrierefrei bedeutet offenbar: Es gibt einen Aufzug.
Und der war kaputt. Zwei Wochen lang. Spezielle Teile für die Elektronik hätten erst bestellt werden müssen, sagt dazu die Pressestelle der Deutschen Bahn. Auf die Idee, übergangsweise Rampen an der Treppe anzubringen, kam die Bahn nicht. Statt dessen klebte sie einen Aufkleber an den Fahrstuhl mit dem Hinweis, ein Techniker sei verständigt.
Und auch die Nordwestbahn, deren Regio-S-Bahnen über den Bahnhof Walle fahren, war informiert: Die, so sagte ein Unternehmenssprecher der taz, habe die ZugführerInnen per Mail über den kaputten Fahrstuhl informiert. Diese Info ist deswegen wichtig, damit die ZugführerInnen sie den Fahrgästen per Durchsage mitteilen. Dazu sind sie sogar verpflichtet.
Aber: Es gab keine Durchsagen. Menschen mit Kinderwagen und Rollatoren und Rollstühlen stiegen zwei Wochen lang am Waller Bahnhof aus dem Zug und kamen nicht vom Gleis. Zumindest nicht ohne kräftige fremde Hilfe. Von wegen „Wir machen den Weg frei“, von wegen Barrierefreiheit!
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