piwik no script img

Mit Herz und Hose

EISKUNSTLAUF Bei der Nebelhorn Trophy im Allgäu deuten die deutschen Paarläufer Aljona Savchenko und Bruno Massot an, wie medaillenträchtig ihre neue Kür sein könnte. Obgleich es noch an ein paar Stellen hakt, findet Savchenko das neue Stück „magisch“

Spot an: Aljona Savchenko und Bruno Massot machen in Eiskunst Foto: imago

aus Oberstdorf Doris Henkel

Das Kostüm kam fast zu spät. Erst zwei Tage vor der Premiere traf die Lieferung aus den USA ein, aber Aljona Savchenkos Kleid, ein hauchzarter, mit Pailletten verzierter Traum, passte wie angegossen. Hose und Oberteil von Partner Bruno Massot waren ein wenig zu groß ausgefallen. Da muss manches angepasst werden, und dasselbe trifft auf die neue Kür zu, die das Paar bei der renommierten Nebelhorn Trophy am Wochenende in Oberstdorf zeigte. Die deutschen Paarlauf-Meister gewannen diesen ersten Wettbewerb der Saison auch mit Fehlern überlegen; es war in gewisser Weise ein Versprechen, was aus dieser sanften, verträumten Kür noch werden kann.

Alexander König, mit dem die beiden in Oberstdorf arbeiten, meinte hinterher, im Training habe er die Kür schon viel besser gesehen, diesmal habe der Fluss gefehlt und der Schwung. Auch Savchenko fand, es gebe noch eine Menge zu tun, aber selbst der aktuelle Stand der Dinge bringt sie ins Schwärmen. „Ich liebe diese Kür“, sagt sie. „Die Kostüme, das Programm – alles. Es ist noch nicht das, was wir wollen, aber trotzdem ist es schön. Magisch, irgendwie.“

Unmittelbar nach dem Ende der Weltmeisterschaften in Boston, wo sie mit ihrem Partner aus Frankreich im ersten gemeinsamen Winter Bronze gewonnen hatte, waren die beiden Anfang April nach Coral Springs/Florida geflogen, um dort mit dem amerikanischen Trainerpaar Silvia Fontana/John Zimmerman und dem ehemaligen schottischen Eistänzer John Kerr die neue Kurzkür zu erarbeiten – zur großen Zufriedenheit aller Beteiligten. Und die trafen sich Ende Juni an gleicher Stelle wieder, um auch die Kür zum Song „Lighthouse“ des Kanadiers Patrick Watson zu formen. Savchenko sagt, das sei ein tolles Team mit vielen Emotionen, und es sei total schön, mit solchen Emotionen zu arbeiten.

Schön und schwer. Denn so verführerisch die vom Eistänzer Kerr erdachte Choreographie mit ihren leicht verzögerten Bewegungen und ausdrucksvollen Positionen aussehen mag, der Weg dorthin ist anspruchsvoll. Savchenko beschreibt es so: „Du hältst den Körper anders, da arbeiten andere Muskeln. Kleinigkeiten machen mehr Arbeit; nur laufen und springen wäre viel einfacher.“ Und nicht alle erdachten Übergänge und Elemente sind noch in der Kür. Da gab es eine Passage, in der Massot die fallende Partnerin kurz vor dem Eis auffangen sollte, was nicht immer gelang und einmal mit einer schmerzhaften Rippenprellung endete, weil Savchenko aufs Eis geknallt war. „Schönes Element“, sagt sie, „aber ich kann das leider nicht machen.“ Ein anderes, neues Element aus dem kecken Kurzprogramm musste erst vom Internationalen Eissport-Verband (ISU) genehmigt werden: Eine Hebung aus dem Rückwärtslaufen, die bisher „Reverse Lasso“ hieß, die nun von Savchenko und Massot vorwärts präsentiert wird.

„Ich liebe diese Kür. Noch nicht das, was wir wollen, aber trotzdem schön“

Es war ein hektisches, randvolles Jahr. Für beide gab es genau eine Woche Pause im Sommer, die allerdings nicht unbedingt in die Rubrik Entspannung passte. Es war diese eine Woche Mitte August, in der Savchenko in märchenhafter Kulisse in Füssen ihren englischen Verlobten Liam Cross heiratete, den sie in Oberstdorf kennengelernt hatte. Wäre es nach ihr gegangen, wäre sie einen Tag nach der Zeremonie wieder zum Training erschienen, doch schließlich ließ sie sich von Trainer König überreden, zumindest zwei Tage Pause zu machen. Zwei Flittertage, sozusagen.

Und jetzt, nachdem der Winter an einem sonnigen Wochenende im Allgäu offiziell begonnen hat, steht der Plan für alles weitere. Ende dieser Woche werden Savchenko und Massot bei einem Wettbewerb in Bratislava starten; und im kommenden Jahr die Höhepunkte der Saison, Ende Januar die Europameisterschaften in Ostrava und die Weltmeisterschaften in Helsinki Ende März.

Spätestens bei EM und WM soll die Kür ebenso perfekt passen wie Bruno Massots Hemd und Hose. Noch weicher solle sie dann sein, die Kür, sagt Aljona Savchenko, in allen Elementen noch emotionaler. „Von Anfang bis Ende ein Herz.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen