Die Machtspielchen beginnen schon

WAHLENObwohl sie nur viertstärkste Kraft wurden, treten die Grünen am Montag selbstbewusst auf

Trotz ihres mäßigen Ergebnisses lassen die Grünen schon am Montagvormittag nach der Wahl die Muskeln spielen. „Zum ersten Mal in der Berliner Geschichte ist es schwer möglich, an uns vorbei eine Regierung zu bilden“, sagte Fraktionschefin Ramona Pop beim Bilanz-Pressegespräch. Die Wahl am Sonntag bezeichnete sie wegen des schwachen Abschneidens von SPD und CDU als „Zeitenwende“. Für die anstehenden Gespräche hieße das: „Es werden sich alle bewegen müssen.“

Auf die Frage, ob der SPD-Spitzenkandidat Michael Müller das auch so sehe, setzte Pop noch einen drauf: „Es muss vielleicht bei dem einen oder anderen noch einsickern, dass sich die Verhältnisse verändert haben.“

Keine Kenia-Koalition

Die Grünen haben bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus 15,2Prozent bekommen, das zweitbeste Ergebnis in der Geschichte der Partei in Berlin – und trotzdem eine Niederlage: Bei der Wahl 2011 holten sie mit der Spitzenkandidatin Renate Künast noch 17,6 Prozent. Die Grünen liegen zudem nicht nur hinter SPD und CDU, sondern auch knapp hinter der Linkspartei. An die Linken haben sie Infratest dimap zufolge rund 21.000 WählerInnen verloren. 9.000 wanderten zur FDP ab. Dafür stimmten 11.000 ehemalige Piratenwähler nun für die Grünen.

„Wir haben von der gestiegenen Wahlbeteiligung nicht profitieren können“, stellte Parteichef Daniel Wesener fest. Woran das liege, müssten sie sich nun genau anschauen. Ko-Chefin Bettina Jarasch betonte, sie seien mit den Linken im Parlament durchaus „auf Augenhöhe“. Trotz des Abstands von 0,4 Prozentpunkten bekommen Grüne und Linkspartei jeweils 27 Sitze im Abgeordnetenhaus.

Eine rechnerisch ebenfalls mögliche sogenannte Kenia-Koalition aus SPD, CDU und Grünen schloss Wesener am Montag erneut aus. „Wir verhelfen der CDU nicht in den nächsten Senat.“

Vor allem in den Innenstadtbezirken schnitten die Grünen teils deutlich besser ab als auf Landesebene. In Friedrichshain-Kreuzberg wurde Monika Herrmann mit 32,7 Prozent im Amt bestätigt (minus 2,7 Prozentpunkte). In Mitte liegen die Grünen mit 24 Prozent knapp vor der SPD. Damit wird Stephan von Dassel wohl der zweite grüne Bezirksbürgermeister Berlins. Antje Lang-Lendorff