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Das ist sauber, Mr President

Meer Das Naturschutzgebiet Papahānaumokuākea rund um Hawaii ist mehr als viermal so groß wie Deutschland

Viel los hier, und so schön bunt: Eindrücke aus dem neuen Naturschutz-gebiet rund um Inseln und Atolle Hawaiis Fotos: Greg Mcfall Noaa/dpa

von Ingo Arzt

BERLIN taz | Eine Unterschrift reicht aus, um das größte Naturschutzgebiet des Planeten zu schaffen: US-Präsident Barack Obama hat am Freitag 1,5 Millionen Quadratkilometer Ozean im Pazifik zum Nationalen Monument Papahānaumokuākea erklärt. Eine Fläche, mehr als viermal so groß wie Deutschland. Das Gebiet befindet sich ausschließlich in US-Gewässern rund um unbewohnte Inseln und Atolle der sogenannten nordwestlichen Hawaii-Inseln.

Dort leben Tausende seltener Arten. Allein 14 Millionen Seevögel brüten hier, darunter der Laysan- und der Schwarzfußalbatros oder Fregattvögel, die ihre roten Kehlsäcke aufblasen können wie einen Luftballon. In den unterseeischen Gebirgen um die Inseln vermuten Wissenschaftler 7.000 verschiedene, oft noch unentdeckte Arten. Hier leben die letzten Exemplare der hawaiianischen Mönchsrobbe, 24 Wal- und Delfinarten, darunter Blauwale. Der Meeresboden wird unter anderem von einer Schwarzen Koralle besiedelt, die Wissenschaftler auf ein Alter von 4.265 Jahren datieren, was sie zum ältesten bekannten lebenden Organismus der Welt macht.

Künftig ist in dem Gebiet kommerzieller Fischfang verboten, auch Bodenschätze dürfen nicht gefördert werden, was auch den zukünftigen Abbau unterseeischer Manganknollen ausschließt (siehe Text unten).

Politisch ist Obamas Entscheidung typisch für die Art, wie er in seiner zweiten Legislaturperiode in Fragen des Umweltschutzes vorging: Er griff, wie auch bei seinen Vorgaben zur Senkung des CO2-Ausstoßes der USA, zu speziellen präsidialen Vollmachten, mit denen er den US-Kongress umgehen kann. Der ist von den Republikanern dominiert, von denen ein großer Teil Klima- und oft auch Umweltschutz ablehnt. Obama, der selbst auf Hawaii geboren ist, ließ über seinen Sprecher ausrichten, dass er gern auch ein Gesetz des Kongresses zum Schutz der Meere unterzeichnet hätte. Der aber habe in den vergangenen acht Jahren nichts vorgelegt.

In den unterseeischen Gebirgen um die Inseln vermuten Wissenschaftler 7.000 verschiedene Arten. Hier leben allein 24 Wal- und Delfinarten, darunter Blauwale

Vorgaben zur Reduktion von Treibhausgasen setzt Obama um, indem er CO2 als Luftschadstoff definiert. Damit kann er mit bestehenden Gesetzen wie dem Clean Air Act zur Luftreinhaltung der Industrie Klimaschutzauflagen machen.

Beim Meeresschutz nutzt Oba­ma den „Antiquities Act“ von 1906, mit dem ursprünglich indigene Kulturgüter geschützt wurden. Viele von Obamas Vorgängern ernannten mit diesem Gesetz Bundesterritorien zu sogenannten Nationalen Monumenten. 123 davon gibt es heute, darunter Canyons mit seltenen Fossilen, Mammutbäume oder ein Denkmal für Militärhunde in Texas. Auch Obamas republikanischer Vorgänger Georg W. Bush kannte das Gesetz, er rief bereits 2006 ein Viertel des jetzigen Meeresschutzgebietes vor Hawaii aus. Allerdings fordern die Republikaner nun, das Gesetz abzuschaffen. Für die bekannten Nationalparks der USA brauche es schließlich ebenfalls die Zustimmung des Kongresses, so die Argumentation.

Die Initiative zum Papa­hā­nau­mokuākea-Gebiet ging im Februar dieses Jahres von sieben Vertretern indigener Gruppen auf Hawaii aus, die Obama in einem Brief aufforderten, das Schutzgebiet auszuweiten. Während Umweltorganisation Obama lobten, sprachen Fischereiverbände von einem „traurigen Tag in der Geschichte von Hawaiis Fischereiwirtschaft“. Indigene allerdings dürfen in dem Gebiet weiterhin ihrer traditionellen Fangmethoden nachgehen. Sie sehen die Inselgruppe und das sie umgebende Meer als heiligen Ort an.

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