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Wir, die Skandinavier

Ausstellung „New Nordic. Fashion. Food. Design.“ zeigt uns die neuesten Trends des skandinavischen Designs und ihre Macherinnen und Macher. Warum sind die eigentlich seit Mitte des 20. Jahrhunderts Weltspitze?

von Brigitte Werneburg

„Isn’t it good Norwegian wood?“ sangen die Beatles einst über einen verschmähten Liebhaber, der das Haus seiner Angebeteten in Brand steckte. Mit dem titelgebenden norwegischen Holz wollte ein Freund von Paul McCartney sein Zimmer getäfelt haben. Es sei allerdings nur billige Kiefer gewesen, meinte der, und billige Kiefer wäre nun wirklich kein guter Songtitel gewesen.

Einen guten Tisch liefert aber norwegisches Holz. Dabei handelt es sich selbstverständlich um Eiche. Morten & Jonas, die an der Bergen Academy of Art and Design studiert haben, färben sie für ihren Couchtisch in zwei Grüntönen, während der Designer Andreas Engesvik sie für seinen New-Alto-Tisch schwarz lasiert.

Zu sehen sind die coolen Möbel mit dem unverkennbaren Scandinavian Look derzeit in der Ausstellung „New Nordic. Fashion. Food. Design.“ in den Nordischen Botschaften. Dort zeigen die Länder Dänemark und Färöer, Finnland, Island, Norwegen und Schweden, was sie anziehend, schick und wohlschmeckend finden. Und glücklicherweise ist (obwohl der Titel vom Neuen Nordischen spricht) das Alte ebenfalls vertreten – mit einzelnen schönen Stücken, die den Besucher und die Besucherin ein wenig mit dem historischen Kontext bekanntmachen, in dem die neuesten nordischen Ideen erwachsen.

Da hängt dann die wunderbare PH50, die blendfreie Pendelleuchte des dänischen Architekten, Designers und Autors Poul Henningsen (1884–1967) im Ausstellungsraum; und bei den Finnen sind Vasen von Alvar Aalto (1898–1976) und Tapio Wirkkala (1915–1985) aufgebaut, die finnisches Glas der Marke Littala weltberühmt machten. In Norwegen heißt der Pionier Ferdinand Aars (1902–1965). Er sah Gebrauchskunst als eine Mischung aus Kunst, Handwerk und Industriedesign, die sich an den Bedürfnissen der Verbraucher orientierte und die dabei eine erstklassige technische und ästhetische Umsetzung auszeichnete.

Im dünn besiedelten agrarischen Norwegen, das erst in den 1970er Jahren durch Öl und Gas zu einem der reichsten Länder der Erde wurde, kann es industrielle Massenproduktion nicht geben. Die aufwändige Produktion schlägt sich in hohen Preisen nieder, weshalb norwegisches Design bei uns nicht so bekannt ist wie dänisches oder schwedisches. Auch Schweden war ein armes Land mit bäuerlicher Kultur, das schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg eine der führenden Industrienationen der Welt wurde. Auf dem Weg dahin gab es eine große Nachfrage an preiswerten und zweckmäßigen Möbeln und Haushaltsgegenständen, die ansprechend zu gestalten Anliegen der schwedischen Arts-and-Crafts-Bewegung war.

Dabei reifte hier wie auch in Dänemark oder Finnland aus dem Mittel zum Zweck eine ganz eigenständige und ökonomisch relevante Marke heran: Skandinavisches Design, das nicht nur für Wohlhabende erschwinglich sein wollte. Und tatsächlich kauften es die Leute.

Schrankwand war nie in Skandinavien. Stattdessen arbeitete man gerne mit hellem Holz und biomorphen Formen

Schrankwand war nie in Skandinavien. Stattdessen arbeitete man gerne mit hellem Holz wie Birke oder Kiefer und bevorzugte eine klare, funktionale, minimalistisch-leichte Grundstruktur mit eleganten, biomorphen Formen. Auch wenn vielfach Kunststoffe verwendet werden, charakterisieren natürliche Materialien wie Wolle, Leinen und Baumwolle oder auch Leder die skandinavische Gestaltung.

Dazu kommt, dass es eine alte Tradition der Glas- und Porzellanherstellung gibt. Schon seit 1742 gibt es die schwedische Glasmanufaktur Kosta Boda, und die 1775 gegründete Porzellanmanufaktur Royal Kopenhagen ist weltbekannt. Auffallend sind auch die bevorzugt strahlenden und ausdrucksstarken Farben des Skandinavischen Designs. Die großen Blüten oder organischen Formen in farbintensiven Nuancen des finnischen Labels Marimekko sind genauso wie die Rücksäcke der Marke Fjällräven internationale Bestseller.

Überhaupt, schaut man im 21. Jahrhundert in unsere Wohnungen und Kleiderschränke, wird schnell sichtbar: Wir sind inzwischen alle Skandinavier − weltweit. Schon deshalb ist es eine gute Idee, sich jetzt in den Nordischen Botschaften umzuschauen. Denn hier erfahren wir umstandslos, was wir uns demnächst von den jungen Schweden, Finnen, Dänen und auch Färöern, nicht zu vergessen den Isländern (bei denen man eh den Eindruck hat, dass jeder zweite der insgesamt rund 350.000 Einwohner Designer oder Popstar ist) und den Norwegern an sagenhaften Fischkopflampen, an Gin und Lakritz, an ultracoolen Gusseisentöpfen und Flechtstühlen (wie dem von Ellinor Ericsson) an die Decken hängen und auf die Tische, Herde und in die Wohnung stellen lassen werden. Ganz zu schweigen von unseren zertifizierten Lieblings-T-Shirts von Neutral.

Bis 8. Oktober, Nordische Botschaften, Felleshus, Rauchstr. 1, Mo.–Fr. 10–19 Uhr, Sa.–So. 11–16 Uhr

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