Seniorenheim trickst bei Prüfung: „So werden Mängel vertuscht“
Das Seniorenheim Röweland hat einen neuen Träger – im Juli war es wegen Mängeln in der Pflege geschlossen worden. Negativ aufgefallen war es schon im März
Das im Juli geschlossene Seniorenwohnheim Röweland hat einen neuen Betreiber. Die Berliner Cura Seniorenwohn- und Pflegeheime Dienstleistungs GmbH will die schwerwiegenden Mängel, die die Wohn-Pflege-Aufsicht (WPA) des Bezirksamtes Hamburg-Nord im Juli in dem Heim festgestellt hat, beheben. Die WPA hatte der Einrichtung den Betrieb untersagt, weil die 140 Bewohner nicht ausreichend versorgt waren. Nun können sowohl die Senioren als auch die Pflegekräfte in dem Heim bleiben.
Im Januar hatte der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) das Seniorenwohnheim Röweland in Langenhorn noch mit der Bestnote ausgezeichnet, aber schon im März fiel es negativ auf. Die WPA entzog dem Träger wegen „unzumutbarer Zustände“ den Versorgungsauftrag. Das Heim hätte daraufhin nicht mehr mit den Pflegekassen zusammenarbeiten dürfen. Doch das Unternehmen trickste, indem es eine Tochtergesellschaft gründete und das Heim deren Leitung unterstellte. Dahinter stand aber noch immer die Geschwister Jensen Seniorenwohnen GmbH.
Doch auch unter dem scheinbar neuen Träger gab es Missstände in dem Heim. Bei einer Kontrolle fand die WPA dehydrierte und unterversorgte Bewohner vor. Hinzu kamen Hygienemängel und zu wenig Pflegepersonal.
Eine Betriebsrätin des „Heims Böttcherkamp“, das ebenfalls zur Jensen GmbH gehört, spricht davon, dass die Leitung das Wohl der Bewohner und Mitarbeiter hintanstelle. Die Leitung beschränke die Arbeit des Betriebsrates und sage die gemeinsamen monatlichen Sitzungen oft ab. Der Betriebsrat bekäme kaum Auskünfte. Andere Medien berichteten zudem von Einschüchterungen gegen den Betriebsrat im Heim Röweland durch die dortige Leitung.
Der Betriebsrätin zufolge hat Heimbetreiber Jensen im Heim Böttcherkamp auch Kontrollen des MDK verfälscht. Die Kontrolleure kämen einmal pro Jahr – zwar unangemeldet, aber immer im gleichen Zeitraum. Sie sollen zufällig einige Bewohner auswählen, die untersucht und befragt werden, um die Qualität der Pflege zu bewerten.
Die Heimleitung könne aber die Untersuchung eines ausgesuchten Bewohners verweigern, sagt die Betriebsrätin. Die Leitung brauche nur zu sagen, dass der Betreuer nicht zugestimmt habe oder der Bewohner krank sei. „In Wahrheit werden so Mängel bei der Pflege vertuscht.“ Das sei überall gängige Praxis.
Im Heim Böttcherkamp seien ihr noch keine gravierenden Missstände aufgefallen. Aber die Pflege lasse nach: „Die Leitung verlängert die Verträge einiger Pfleger nicht, sondern beschäftigt Zeitarbeiter“, sagt sie. Die wechselten teilweise täglich und kennten die Arbeitsabläufe nicht. Zeit für persönliche Gespräche fehle.
Der MDK hat auch das Seniorenheim Böttcherkamp mit der Bestnote ausgezeichnet. „Noch gibt es hier keine eklatanten Mängel, aber die Heime gehören denselben Gesellschaftern. Warum sollte es hier nicht so kommen?“, sagt die Betriebsrätin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!