portrait: Sehr langsam, hochbetagt
Langsam kommt auch ans Ziel. Nach diesem Motto richtet sich der Grönlandhai – ein Knorpelfisch, der weit über fünf Meter lang werden kann und im Nordatlantik und im Nordpolarmeer lebt. Dort oben erreicht das Wasser Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, schnelle Bewegungen sind kaum möglich. Der Grönlandhai gilt daher als der langsamste aller Haie, er schwimmt wie in Zeitlupe.
Jetzt fanden Forscher heraus, dass der Grönlandhai auch keinerlei Grund für Hektik hat: Er ist das langlebigste Wirbeltier der Welt. Diese Haie könnten mindestens 400 Jahre alt werden, berichteten internationale Wissenschaftler um Julius Nielsen von der Universität Kopenhagen in der Fachzeitschrift Science.
Die Forscher datierten das Alter per Radiokarbonmethode anhand von Proteinen in der Augenlinse, die schon im Mutterleib gebildet werden. Dabei untersuchten sie insgesamt 28 weibliche Haie, die bei mehreren Expeditionen gefangen worden waren. Die Tiere maßen zwischen 80 Zentimeter und gut fünf Meter und waren durchschnittlich 272 Jahre alt. Das größte untersuchte Exemplar hatte etwa 392 Jahre auf dem Buckel. So ganz sicher sind sich die Experten allerdings nicht. Die Messunsicherheit, heißt es, betrage 120 Jahre.
Nur mal zum Vergleich: Vor 392 Jahren, also im Jahr 1624, gründeten die Holländer eine Provinz in Amerika mit dem Verwaltungssitz Neu-Amsterdam, aus dem viel später mal New York werden sollte.
Die extreme Langlebigkeit des Grönlandhais ist aber auch ein Problem. Die Forscher haben ausgerechnet, dass die Tiere sich erst mit 150 Jahren fortpflanzen können. Die lange Zeit bis zur Pubertät müssen sie erst einmal durchstehen. Das aber wird zunehmend schwieriger. Denn die Grönlandhaie enden häufig als Beifang der Fischerei-Trawler. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion wird der Grönlandhai als „potenziell gefährdet“ eingestuft.
Es gibt übrigens Tiere, die noch länger leben. Eine Islandmuschel wurde bereits auf ein Alter von 507 Jahren datiert. Von einem Riesenschwamm in der Antarktis nimmt man gar an, dass er bis zu 10.000 Jahre alt wird. Gereon Asmuth
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen