Amtsenthebung von Brasiliens Präsidentin: Zug um Zug gegen Rousseff

Das brasilianische Oberhaus hat nun Staatschefin Dilma Roussef formal angeklagt. Aber auch Übergangspräsident Michel Temer steht unter Druck.

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff im Porträt

Es gibt kaum Zweifel, dass die Zweidrittel-Mehrheit gegen sie zusammenkommt: Brasiliens Präsidentin Rousseff Foto: ap

RIO DE JANEIRO taz | In vielen Städten Brasiliens gingen am Dienstag wieder Menschen gegen Übergangspräsident Michel Temer und die laufende Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff auf die Straße. Die Forderung der Demonstranten auf Plakaten: „Kein Putsch in Brasilien“.

Die Proteste, die angesichts der politischen Spannungen recht zaghaft ausfielen, hatten jedoch keinen Einfluss auf die Haltung des Senats. Mit einer Mehrheit von 59 zu 21 Stimmen segnete das Oberhaus in der Nacht zu Mittwoch einen Kommissionsbericht ab, der die Absetzung Rousseffs empfiehlt. Damit ist sie formal angeklagt, nachdem im Dezember das Amtsenthebungsverfahren von Kongress eingeleitet wurde. Voraussichtlich Ende August wird der Senat endgültig über Rousseffs politisches Schicksal abstimmen. Dann ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig; kaum jemand zweifelt, dass sie zustande kommt.

Unter dem Vorwurf, gegen die Haushaltsregeln verstoßen und illegale Kredite vergeben zu haben, hatte der Kongress die Mitte-links-Präsidentin bereits im Mai für maximal 180 Tage vom Amt suspendiert. Ihr bisheriger Vizepräsident Michel Temer übernahm die Geschäfte und führt seitdem eine rechtsliberale Übergangsregierung.

Temer ist ähnlich unbeliebt wie Rousseff. Beide kommen bei Umfragen nur mit Mühe in den zweistelligen Prozentbereich. Zudem gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass er und seine Regierung viel tiefer in den Korruptionsskandal um den Ölkonzern Petrobras verstrickt sind als Rousseffs Arbeiterpartei PT. Laut Berichten vom Wochenende hat ein Kronzeuge ausgesagt, Temer habe den Baukonzern Odebrecht 2014 um eine Parteispende von umgerechnet knapp 3 Millionen Euro gebeten. Temer gab das Treffen zu, sagt aber, das es nur um legale Spenden gegangen sei.

Vor der Aussage des Konzernchefs Marcelo Odebrecht, der wegen Bestechung zu einer langen Haftstrafe verurteilt wurde, bangt die ganze politische Klasse. Politiker jeder Couleur haben von ihm Geld angenommen und waren ihm gefällig. Sollte die durchgesickerte Information stimmen, dass Odebrecht Temer und dessen Staatsminister Eliseu Padilha illegaler Finanzkungeleien beschuldigt, schwindet deren Legitimität. Richtig glaubhaft war Temer nie. In nur fünf Regierungswochen verlor er drei Minister wegen Korruptionsvorwürfen. Das bringt auch die Senatoren in Bedrängnis. Die meisten von ihnen werden für die Einsetzung einer neuen Regierung stimmen, die statt eines Neubeginns für die Fortsetzung der Vetternwirtschaft steht.

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