piwik no script img

Epic Pokémon-Fail

Wahlkampfmittel ICDU-Mann Tim-Christopher Zeelen versucht sich im Wahlkampf 2.0 mit einer Pokémon-Sprechstunde

Tim-Christopher Zeelen und zwei potenzielle CDU-Wählerinnen im Pokémon-Fieber Foto: Elena Wolf

von Elena Wolf

Wahlkampf ist keine Pokémon-Arena. Diese schmerzvolle Erfahrung musste der Reinickendorfer CDU-Abgeordnete Tim-Christopher Zeelen Anfang dieser Woche machen. Der 33-jährige Bildungspolitiker hatte performancemäßig angekündigt, an seinem Bürgerbüro in der Brunowstraße ein „Lockmodul“ installieren zu wollen.

Hehres Ziel: potenzielle JungwählerInnen von der eigenen Fancyness zu überzeugen, während man auf dem Handy gemeinsam kleine Pokémon-Monster jagt. Tatsächliche Aktion: die kunstvoll von Zeelens Assistentin Dorothea Maaßen gebackenen und verzierten Zitronenkuchen in Pokéball-Form selbst futtern.

„Pokémon bringt Menschen zusammen und fördert die Kommunikation“, sagt der selbst erklärte Pokémon-Junkie, Level 3. Dass die Kommunikation dabei auf etwa zehn Menschen beschränkt war, von denen die Hälfte aus jugendlichen Christdemokraten und der Rest aus Presse bestand, stört Zeelen wenig. Die Aktion sei ein voller Erfolg und werde möglichst bald wiederholt.

Als Fan des umstrittenen Ballerspiels Counter Strike setzt Zeelen voll auf die digitale Zukunft und ist stolz auf seine Videospiel-Affinität. Früher hätte es auch schon mal eine wilde LAN-Party in seinem Keller gegeben. Als die Piratenpartei im Mai dieses Jahres im Abgeordnetenhaus einen Antrag auf Anerkennung derartiger Games als offizielle Sportart stellten, war er jedoch voll auf CDU-Kurs: kein Feuer frei für E-Sports.

Trotzdem hält er die wiederkehrenden Postamokdiskussionen über das Verbot von „Killerspielen“ für Quatsch. „Der absolute Großteil derer, die ‚Counter Strike‘spielen, haben keinen kriminellen Hintergrund“, betont Zeelen mit Nachdruck. Der monokausale Zusammenhang von Amok und digitalem Geballer sei absurd.

Konsequent wäre es da gewesen, geneigte JungwählerInnen zu einer gepflegten Runde CS (Counter Strike) einzuladen, um ein paar digitale Gegner übel wegzuscouten. Dann wären nicht nur mehr JournalistInnen als Jugendliche in der Brunowstraße herumgestanden, die wie ferngesteuert mit virtuellen Pokébällchen auf knuffige „Traumatos“, „Taubsis“ oder „Rattfratz“ werfen.

Nach einer Stunde ist das Trauerspiel vorbei, und Zeelen verrät beim Aufstieg in Level 4, dass er Pokémons gar nicht mag. Wäre die Aktion ein Omen für das Wahlergebnis, bleibt nur ein fieser GamerInnen-Kommentar: EPIC FAIL – voll abgekackt!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen