Inhaftiert

Türkei Druck auf regierungskritische JournalistInnen wächst

ISTANBUL/KÖLN/BERLIN | Nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei hat die Justiz des Landes in der Nacht zum Samstag für 17 JournalistInnen eine Untersuchungshaft angeordnet. Den Betroffenen werde Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung“ vorgeworfen, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu. Demnach wurden insgesamt 21 Reporter am Freitag einem Richter vorgeführt, vier von ihnen wurden wieder freigelassen.

Unter den Reportern, für die eine Untersuchungshaft angeordnet wurde, ist auch die bekannte Journalistin und frühere Abgeordnete Nazlı Ilıcak. Der frühere Hürriyet-Journalist Bülent Mumay kam hingegen wieder auf freien Fuß (siehe Mitarbeiter der Woche).

Seit dem gescheiterten Umsturzversuch Mitte Juli wurden bereits mehr als 130 türkische Medien geschlossen und Dutzende JournalistInnen festgenommen. Ihnen werden Verbindungen zur Bewegung des Predigers Fethullah Gülen nachgesagt, den Ankara als Drahtzieher des Putschversuchs verdächtigt. Dieser weist das zurück.

Im Interview mit der taz erklärte Mumay am vergangenen Montag, noch vor seiner Verhaftung: „Erdoğan und die AKP nutzen den Militärputsch, um jede Opposition auszuschalten. Sie wollen einfach alle Kritiker mundtot machen.“ Weder er noch die Hürriyet stünden der Gülen-Bewegung nahe, sagte Mumay.

Der regierungskritische türkische Journalist Can Dündar prangert den immens gewachsenen Druck auf die Medien in seinem Heimatland an. „Man kann kaum noch atmen“, sagte der Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet in einem am Freitag veröffentlichten Interview der WDR-Sendung „Aktuelle Stunde“. „Es gelten weder Recht noch Demokratie oder Menschenrechte.“ Die laufende Verhaftungswelle in Medien, Justiz und Militär nach dem gescheiterten Putsch vor zwei Wochen habe unter Journalisten eine „allgemeine Atmosphäre des Schweigens und der Selbstzensur“ befördert. (afp, dpa, taz)