Bernd Pickert über den Nominierungsparteitag der US-Demokraten: Einheit mit Rissen
Hillary Clintons Krönungsmesse hatte einen denkbar rüden Auftakt. Da nominieren die US-Demokraten zum ersten Mal in ihrer Geschichte eine Frau als Präsidentschaftskandidatin – doch statt angesichts dieses historischen Ereignisses Euphorie zu äußern, ziehen Tausende Linke durch die Straßen Philadelphias und rufen: „Hell no, DNC, we won’t vote for Hillary!“
Unmittelbar vor Beginn des Parteitags hatte Parteichefin Debbie Wasserman Schultz zurücktreten müssen, nachdem geleakte E-Mails des demokratischen Parteivorstands klar zeigten, was das Wahlkampfteam des linken Senators Bernie Sanders seit Monaten beklagt hatte: dass das demokratische Establishment alles tat, um Sanders Chancen zu mindern und Clinton zur Kandidatin zu machen.
Erschreckend viele Sanders-Anhänger sagten danach offen in die Kamera, sie würden niemals für Clinton stimmen, eher würden sie gar nicht wählen, der Grünen-Kandidatin Jill Stein ihre Stimme geben – oder sogar Donald Trump. Sanders selbst wurde ausgebuht, als er vor seinen eigenen Delegierten erklärte, warum es unabdingbar sei, Hillary Clinton zur nächsten Präsidentin zu wählen.
Die eindrucksvollste Rede kam von Michelle Obama. Damit wurde auch klar, dass die Unterstützung der Obamas in den kommenden Monaten vermutlich der wichtigste Trumpf Clintons sein dürfte. Die Demokraten werden nun alles versuchen, Geschlossenheit und Zuversicht auszustrahlen. Ob es gelingen wird, von den eigenen Spaltungen abzulenken und so etwas wie Einheit gegen Trump herzustellen, ist noch nicht abzusehen.
Um die Wahl im November zu gewinnen, wird es entscheidend darauf ankommen, das demokratische Wähler*innenpotenzial voll auszuschöpfen. Wer zu Hause bleibt oder grün wählt, bringt Trump ins Weiße Haus. Das ist nicht die historische Message, die Hillary Clinton gern mit ihrer Kandidatur verbunden gewusst hätte. Aber es ist die, die übrig bleibt.
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