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Ein Businessplan sagt erst einmal gar nichts

Gründung Banken und Bund bremsen vor allem Start-ups mit innovativen Ideen

„Öffentliche Mittel werden ­fehlgesteuert“

Arne Offermanns, Uni Hamburg

HAMBURG taz | Das große Thema lautet auch in der Gründer-Unternehmer-Szene: Woher nehme ich Geld für eine Firmengründung? Wer an Banken und Staat denkt, braucht einen Businessplan. Doch was nützt der wirklich? Gründungsexpertin Stefanie Kunze hält ihn für einen hinderlichen „Mythos“.

Die Zahl der Unternehmensgründungen in Deutschland hat sich in einem Jahrzehnt fast halbiert. 2004 trauten sich laut Bundeswirtschaftsministerium noch fast 600.000 Menschen, eine Firma zu gründen. Im vergangenen Jahr waren es gerade noch 300.000. Auch sozial und ökologisch ausgerichtete Existenzgründer berichten über Schwierigkeiten, das notwendige Startkapital zusammen zu kriegen.

Meist helfen Familie und Freunde. 80 Prozent greifen auf Geld aus dem privaten Umfeld und eigene Mittel zurück. Dies zeigt eine Umfrage der Beratungsfirma PwC bei 400 Start-ups. Die Mehrzahl beklagt, dass sie kaum an Wagniskapital herankomme. Da bleibt nur die Bank: 59 Prozent der Start-ups haben in diesem Jahr entsprechende Kredite aufgenommen.

Die meisten Möchtegern-Unternehmer tun sich allerdings schwer, potenzielle Geldgeber von ihrer Geschäftsidee zu begeistern. Das zentrale Instrument dazu ist der Businessplan. Auf etwa 30 bis 50 Seiten wird ein Geschäftsplan entworfen, mit dem die zukünftige Tätigkeit des Existenzgründers meist standardisiert beschrieben wird. Die Annahme: Je besser der Businessplan, desto bessere Erfolgsaussichten hat der Unternehmensgründer.

Ein Zusammenhang zwischen Unternehmenserfolg und Businessplan werde durch die Forschung „nicht erhärtet“, sagt Kunze. Bestenfalls, wenn das Marktumfeld vertraut ist, könne der Plan ein Maßstab sein, also für „imitative Gründungen“. Diese aber, so die Lehrbeauftragte an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin, schafften kaum neue Jobs. In einem neuen Markt, wo innovative Geschäftsmodelle als Beschäftigungsmotor wirken, greife der bürokratische Businessplan viel zu kurz.

Zusammen mit Arne Offermanns von der Uni Hamburg veröffentlichte Kunze kürzlich die in der grünen Gründer­szene aufsehenerregende Studie „Mythos Businessplan“, in der die beiden vor „blindem Glauben“ an ein einzelnes Instrument warnen. Daran hätte vor allem die Beratungsindustrie ein Interesse.

Dem Mythos hängt neben Banken und Sparkassen auch der Staat an. Bund, Länder und Kommunen fördern Gründer mit Milliarden Euro. Doch ohne Businessplan sind kaum Fördermittel zu erhalten. Offermanns beklagt eine „Fehlsteuerung“ öffentlicher Mittel. Statt alles nur auf ein Dokument zu setzen, das oft Dritte geschrieben hätten, sollten politisch Verantwortliche die Gründungsaktivitäten „in einer Region insgesamt fördern, ganzheitlich“.

Die Bundesregierung sieht sich dagegen in der Erfolgsspur. Die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Zypries lobt das Förderprogramm „Invest“. Es habe bereits nach drei Jahren „einen beachtlichen Hebel“ bewirkt: Für jeden Euro, der an staatlichem Zuschuss gezahlt wird, werden zusätzliche 1,50 Euro von Privaten in ein Unternehmen investiert. Geld kriegt laut Förderrichtlinien jedoch nur, wer einen beeindruckenden Businessplan vorlegt. Hermannus Pfeiffer

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