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Rumba-Lingala-Konzert in BerlinEin Fest des Moments

Seit vierzig Jahren begeistert die kenianische Band „Orchestre Les Mangelepa“ mit ihrer Musik. Nun trat sie zum ersten Mal in Berlin auf.

Wenig Geld, aber viel Ruhm – Mangelepa performen aus Überzeugung Foto: Daniel Koßmann

Es ist kurz vor Mitternacht und das Fest nimmt kein Ende. Die kenianische Band Orchestre Les Mangelepa feiert den Moment, dehnt ihn endlos aus und zerstört mit ihrer treibend-leichten Musik jegliches Zeitgefühl. Weißes Steroskoplicht flimmert sekundenlang im Rhythmus schnell pochender Lingala-Beats und minutenlang pulsierender E-Gitarrenklänge.

„Ich werde nicht müde werden zu performen,“ sagte Bandleader Kabila Kabanze Evany vor dem Konzert. Nun steht der 61-Jjährige auf der Bühne und macht seinen Worten alle Ehre. Gemeinsam mit den Sängern Kalenga Nzaze Vivy und Luthuli Kaniki Maky bringt er das gut dreißig Jahre jüngere Publikum im Berliner Club Urban Spree zum tanzen.

Seit 1976 bringt Mangelepa das Publikum zum Schwitzen. „Ich bin zwar alt, aber ich fühle mich jünger, wenn ich auf der Bühne stehe und Leute zu unserer Musik tanzen sehe“, sagt Bandleader Evany. Was ihr Erfolgsrezept sei? Ihre Musik sei bei niemandem abgeguckt. Man liebe die eigene Musik. Man genieße sie selbst, bevor sie das Publikum zu hören bekäme. Das sei ihr Geheimnis.

Die 1970er und 1980er Jahre waren die goldene Ära des Rumba-Lingala in Kenia, einer Musikrichtung, die aus dem Kongo stammt. Bands wie Super Mazembe und Viva Makale begeisterten mit ihren dreistimmigen Gesangsharmonien und entspannten Rhythmen Menschen in Sambia, Tansania, Uganda, Kenia und der DR Kongo. Auch Mangelepa produzierte Hit für Hit und spielte als Hausband in den größten Hotels Nairobis.

Geldprobleme durch Piraterie

19,9 Millionen US-Dollar setzte die kenianische Musikindustrie laut PricewaterhouseCoopers 2012 um. Über 300 Radio- und Fernsehsender gibt es CCTV Africa zu Folge mittlerweile in Ostafrika. All dies nützte den drei Mangelepa-Sängern finanziell gesehen in der Vergangenheit wenig. Dem Erfolg zum Trotz konnten die Musiker mit ihrer Musik nie wirklich viel Geld verdienen.

Daran schuld sei auch die Musikpiraterie, sagt der dreiundsechzigjährige Kalenga Nzaze Vivy. Mit rotem Hut und silber-glänzendem Jacket lehnt er etwas erschöpft am Treppengeländer im Obergeschoss des Urban Spree. Die Wände hinter ihm sind mit Graffititags besprüht, das Licht ist blau-rötlich. Lingalamusik bahnt sich den Weg durchs Treppenhaus hinauf.

„Ich glaube nicht, dass Technik das Problem ist – sie macht das Leben leichter.“ Schon als es Kassetten gab, hätten Leute ihre Musik illegal kopiert. Aber die Einstellung der Leute, die sei das Problem, die müsse sich ändern. „Gäbe es keine Piraterie, gäbe es keine Diebe, dann würde es besser laufen“, sagt der Sänger etwas resigniert. Bandleader Evany stimmt dem zu. Trotz all der finanziellen Probleme sei man aber glücklich, dass es Mangelepa nach all den Jahren noch gebe und das Publikum die Musik liebe.

Musikmachen bis zum Tod

Es das erste Mal, dass sie Konzerte in Europa geben. Und sie seienglücklich darüber, denn sie hätten das schon lange geplant gehabt. In ihrer Heimatstadt Nairobi treten Mangelepa, trotz ihres Alters, regelmäßig auf. Einmal pro Woche spielen sie in der in Nairobi West gelegenen Vibro Bar. Auch im Studio verbrachten sie in den letzten Monaten viel Zeit, denn bald wollen sie ihr vierzehntes Albums mit dem Titel „Last Band Standing“ veröffentlichen.

Er werde erst mit der Musik aufhören, wenn er tot ist, sagt Evany und schaut durch die Gläser seiner schwarzen Brille. Dann lacht er, ehrlich, fast nachdenklich, über seine eigenen Worte. „Wir können nicht aufgeben“, macht sein Kollege Vivy klar. Die Musik mache sie lebendig. Was die meisten Menschen vergessen würden: „Du wurdest nicht für dich selbst geboren, du wurdest geboren, um anderen zu helfen.“ Ihre Musik sei ihr persönliches Geschenk.

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