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Edeka-Deal vorläufig geplatzt

Handel Gabriel vor dem Scheitern: Das Oberlandesgericht Düsseldorf untersagt die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch die Supermarktkette Edeka. Jobs in Gefahr

Von Richard Rother

BERLIN taz | Pleite für Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD): Sein Plan, die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka per Ministererlaubnis zu genehmigen, geht wohl nicht auf. Das Oberlandesgericht Düsseldorf erklärte Gabriels Erlaubnis in einer Eilentscheidung für rechtswidrig und setzte sie damit außer Kraft, wie das Gericht am Dienstag mitteilte. Endgültig geplatzt ist die Fusion aber nicht. Gabriel und die beteiligten Firmen können den Fall vor den Bundesgerichtshof bringen.

Vorausgegangen war ein jahrelanges Hickhack um die Supermärkte von Kaiser’s Tengelmann, die bundesweit knapp 16.000 Arbeitsplätze bieten. Das Bundeskartellamt hatte der Supermarktkette Edeka die Fusion untersagt. Gabriel hatte dann im März den umstrittenen Zusammenschluss genehmigt und damit das Veto des Kartellamtes ausgehebelt. Dagegen hatte unter anderem der Edeka-Konkurrent Rewe vor dem Düsseldorfer Gericht geklagt.

Die Wettbewerbshüter fürchteten, dass durch die Fusion der Wettbewerb im Lebensmittelhandel eingeschränkt werden könnte. Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und Aldi beherrschen zusammen schon 85 Prozent des Markts. Allerdings gehören die Verbraucherpreise in Deutschland zu den niedrigsten in Europa – auf Grund des starken Preiskampfes im Handel. Den bekommen auch die Produzenten – letztlich die Bauern – zu spüren, die sich der Marktmacht der Einkäufer aus dem Handel kaum erwehren können.

Nach Ansicht der Düsseldorfer Richter hätte Gabriel über die Erteilung der Erlaubnis nicht entscheiden dürfen – er habe sich in dem Verfahren befangen und nicht neutral verhalten. Gabriel habe während des Erlaubnisverfahrens mit Edeka und Kaiser’s Tengelmann geheime Gespräche geführt. Gleich zweimal habe es im Dezember 2015 „Sechs-Augen-Gespräche“ zwischen Gabriel, dem Edeka-Chef Markus Mosa und dem Kaiser’s-Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub gegeben. Außerdem stelle der Erhalt der Arbeitnehmerrechte bei Kaiser’s Tengelmann keinen sogenannten Gemeinwohlbelang dar, der die Ministererlaubnis rechtfertigen könne.

Dient der Erhalt von Arbeitsplätzen dem Gemeinwohl?

Gabriel wies den Vorwurf der Befangenheit zurück. „Die vom Gericht behauptete Befangenheit wurde von keinem Verfahrensbeteiligten zu keinem Zeitpunkt vorgetragen“, erklärte das Ministerium. Die Gespräche mit Mosa und Haub seien zudem „im Rahmen eines solchen Verfahrens üblich, möglich und zulässig“. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass Arbeitnehmerrechte vom Gericht nicht als Gemeinwohlgrund angesehen würden.

Rewe begrüßte die Eilentscheidung des Gerichts. Das Unternehmen erwarte, dass auch die endgültige Entscheidung nicht anders ausfalle, „weil sich die Fakten nicht mehr ändern“.

Verglichen mit den Konkurrenten Edeka oder Rewe ist die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann klein. Das Unternehmen betreibt nur rund 470 Filialen in Deutschland. Dass es als Übernahmeobjekt dennoch attraktiv ist, liegt an seiner starken Marktposition in Berlin und München. So hatte Kaiser’s etwa in Ostberlin viele der wohngebietsnahen und trotzdem geräumigen Kaufhallen übernommen. Sollte die Fusion mit Edeka scheitern, könnte es zur gefürchten Rosinenpickerei kommen: Die neuen Interessenten würden dann nur die attraktiven Märkte übernehmen.

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