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Die Null regiert

HAUSHALT Finanzminister Schäuble plant für 2017 wieder einen schuldenfreien Bundeshaushalt

BERLIN taz | Mittlerweile ist es ein Ritual: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verkündet, dass der nächste Bundeshaushalt ohne neue Schulden auskommt. Am Mittwoch ging es um den Etatplan für 2017. Einnahmen und Ausgaben werden sich wieder die Waage halten. Schäuble und die Union sehen das als Zeichen der Stabilität in schwierigen Zeiten.

Die Lage der mitregierenden SPD ist dagegen komplizierter. Die sozialdemokratischen MinisterInnen werden dem Haushaltsentwurf wohl zustimmen – obwohl sie die Situation nach dem Brexit anders beurteilen als der Koalitionspartner. Laut Analyse von SPD-Chef Sigmar Gabriel bedarf es einer sozialeren Politik auf europäischer Ebene, damit nicht andere Staaten dem britischen Beispiel folgen und die EU verlassen.

Es gehe nur darum, den europäischen Maastricht-Vertrag flexibler zu handhaben, heißt es bei der SPD. Die Bevölkerung in Griechenland und anderen Staaten dürfe durch Sparpolitik nicht in weitere Verelendung getrieben werden. Konsequenzen für die Haushaltsplanung in Deutschland wollen die Sozialdemokraten jedoch nicht ziehen. Schäubles Etat enthalte schon jetzt viele Positionen, die ohne die SPD nicht vorkämen.

So will der Bund im kommenden Jahr knapp 19 Milliarden Euro ausgeben, um Flüchtlinge einzugliedern und weitere Zuwanderung zu verhindern. In den vier Jahren bis 2020 stehen dafür 77,5 Milliarden Euro bereit. So steigen etwa die Zuweisungen des Bundes an die Kommunen, damit diese nicht auf den Kosten für die Eingliederung sitzenbleiben.

Aber auch für Einheimische sollte mehr herausspringen, hatte Gabriel verlangt. So kam es: Zusätzliche Milliarden wurden unter anderem eingeplant, um den Wohnungsbau anzukurbeln und zusätzliche Plätze in Kindertagesstätten zu bezahlen.

Nach Jahrzehnten der Neuverschuldung schaffte die GroKo 2014 wieder einen ausgeglichenen Haushalt. Für Schäuble soll das mindestens bis 2020 so bleiben – bis dahin reicht seine mittelfristige Finanzplanung.

2017 sollen die Einnahmen und Ausgaben jeweils 328,7 Milliarden Euro betragen. Satte 171 Milliarden Euro davon sind Sozialausgaben. Darin enthalten sind die Bundeszuschüsse zur Rentenversicherung (83,5 Milliarden), zum Gesundheitsfonds der Krankenversicherung (15,4 Milliarden) und die Leistungen für Hartz IV (20 Milliarden). Unter anderem durch von der SPD durchgesetzte Leistungen wie die abschlagsfreie Rente ab 63 und die Mütterrente nimmt die Summe der Sozialleistungen gegenüber diesem Jahr um rund 10 Milliarden Euro zu. Dass der Anteil der Bundesmittel für die soziale Sicherung Anteil beständig wächst, betrachtet vor allem die Union als Problem. Im Herbst wird der Bundestag über den Kabinettsentwurf ent­scheiden. Hannes Koch

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