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Doublefeature inklusiv

Film Gleich zwei Filmprojekten hat Regisseur Eike Besuden in der Mache. Vor und hinter der Kamera: Menschen mit Behinderung

von Jannik Sohn

Ein Film über einen Film: So lautet das Prinzip von „Weserlust Hotel“. Die Dokumentation zeigt den Dreh von „All Inklusiv“, einem Spielfilm über ein Hotel an der Weser. Das Besondere an beiden Filmen ist: Die SchauspielerInnen sind Menschen mit Behinderung.

Eike Besuden ist Initiator, Drehbuchautor und Regisseur der beiden inklusiven Filmprojekte. „Weserlust Hotel“ soll die Dreharbeiten zu „All Inklusiv“ im Sommer dokumentieren. Denn die seien „so spannend“, erklärt Besuden, „das darf nicht nur vom Zuschauerraum gesehen werden, da muss hinter die Kulissen geschaut werden.“ Alle Phasen der Filmproduktion sollen gezeigt werden. Von den Proben über den Dreh des Spielfilms „bis hin zu der Vorführung“. Er nennt seine Dokumentation auch eine „Langzeitbeobachtung“.

„Wir können was und wir sind auch was und das wollen wir mit diesem Film auch beweisen“, sagt die Schauspielerin Melanie Socher in einem Clip zur Crowdfunding-Aktion. Denn zurzeit versucht das Team, auf diesem Weg Gelder für das Projekt zu sammeln. Durch die Verfilmung der Dreharbeiten wolle man auf Inklusion als „konsequenten Teilhabe von Menschen mit Behinderung“ aufmerksam machen, erklärt das „Weserlust Hotel“-Team.

Bereits 2001 erlangte Besuden mit seinem Spielfilm „Verrückt nach Paris“ bundesweite Aufmerksamkeit. Der Roadmovie zeigt die Geschichte von drei Menschen mit Behinderung, die aus ihrem tristen Alltag im Wohnheim ausbrechen und sich selbstständig auf den Weg nach Paris machen. Der Film wurde unter anderem auf der Berlinale gezeigt und erhielt von der Wiesbadener Filmbewertungsstelle das Prädikat „besonders wertvoll“.

„All Inklusiv“ soll ebenfalls das Leben von behinderten Menschen zeigen. Nachdem seine Mutter stirbt, erbt ein junger behinderter Mann ihr Hotel Weserlust. „Die neue Situation wird das Leben in dem Hotel völlig verändern, aber wie, weiß in diesem Moment noch niemand“, wird die Handlung des Spielfilms zusammengefasst. „Konkret soll an dem Film gezeigt werden, welche Vorurteile es gegenüber behinderten Menschen gibt und wie Gesellschaft mit ihnen umgeht“, erklärt Initiator Besuden und ergänzt: „Alles was besonderen Menschen im Alltag begegnet, werden wir hier sehen.“ Den Plot und einen groben Umriss der Rollen hat er zusammen mit dem Schriftsteller und Serienautor David Safier entworfen.

Es gebe sechs SchauspielerInnen, welche „die Grundcrew bilden“, sagt Besuden. Darunter auch Kevin Alamsyah. Er spielte schon für das Bremer „Blaumeier-Atelier“ in inklusiven Theaterprojekten mit. „Ich habe ja auch riesengroßen Spaß, auf der Bühne zu stehen“, sagt der Schauspieler in der Crowdfunding-Kampagne. Nun verschlägt es den Schauspieler vor die Kamera: Er wird den Hotelerben in „All Inklusiv“ spielen. Das „Blaumeier-Atelier“ realisiert, wie auch die „Blaue Karawane“, inklusive Kunst- und Kulturprojekte. Viele DarstellerInnen von „All Inklusiv“ haben hier bereits Erfahrungen gesammelt.

Doch nicht nur das Schauspiel wird mit behinderten Menschen besetzt. „Die verschiedenen Gewerke werden mit Besonderen versehen“, erklärt Besuden. So arbeiten sie an der Kamera, den Kostümen oder bauen das Bühnenbild. Der Filmemacher spricht stets von „besonderen Menschen“, die in dem Projekt mitarbeiten. „Behindert ist etwas, das nicht funktioniert“, sagt er.

Erste Erfahrungen hat die Filmcrew schon gesammelt: Zwei Drehtage als Test habe man bereits hinter sich. Der Dreh sei „etwas Neues für das ganze Team“, so Besuden. Der Testdreh sollte etwa das mögliche Pensum der DarstellerInnen und die Zusammenarbeit der einzelnen Crews zeigen. Hier entstand auch der Promo-Clip mit der Sielwallfähre als Kulisse.

„Alles was besonderen Menschen im Alltag begegnet, werden wir sehen“Eike Besuden, Film-Regisseur

Die Doku soll innerhalb von 14 bis 21 Tagen abgedreht werden: Finanziert durch eine Spendenaktion im Netz: „Ich bin auf Crowdfunding gekommen, weil wir das vor 15 Jahren mit ‚Verrückt nach Paris‘ genauso gemacht haben“, so der Initiator Besuden. Viele BremerInnen hätten die Dreharbeiten mit finanziellen Spenden unterstützt, etwa durch den Vorabkauf von fast 1.000 Premierenkarten.

Ähnliche Anreize bietet auch die aktuelle Kampagne zu „Weserlust Hotel“. UnterstützerInnen erhalten für jede Geldspende auch eine Belohnung. Dies kann eine DVD des fertigen Films sein, ein Besuch beim Set oder eine Erwähnung im Abspann. „Es ist auch möglich, hinter die Kulissen zu schauen“, sagt Florian Samietz. Er ist Mitarbeiter des Projekts und betreut die Online-Kampagne. „Crowdfunding machen wir, um das Thema Inklusion zu vermitteln“, betont er.

Über einen Blog werden interessierte Menschen über die Doku informiert: „Wir veröffentlichen auf dem Blog einmal die Woche, etwa zu Themen wie ‚Was ist Inklusion?‘ oder ‚Wer sind die Schauspieler?‘“, erklärt er. Während der Dreharbeiten wird auf dem Blog auch über Drehorte oder Herausforderungen am Set berichtet, so der Social-Media-Mitarbeiter.

„Die Crowdfunding-Kampagne läuft noch bis zum 4. Juli“, so Samietz. „Wir brauchen noch jede Menge Unterstützer.“

Mehr über „Westerlust Hotel“ und die Crowdfunding-Aktion auf www.westerlusthotel.de

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