Die Wahrheit: Sonnenbaden, aber richtig
Für ein ausgiebiges, aber rundum sicheres Sonnenbad braucht man vor allem Topflappen und jede Menge Fingerspitzengefühl.
E igentlich weiß jeder Bescheid: Sonnenbaden ist extrem gefährlich. Doch die meisten Leute wollen trotzdem nicht darauf verzichten. Sie schlagen die Warnungen von Hautärzten und Astrophysikern in den Wind und wundern sich dann über Krebs, Sonnen- oder Wohnungsbrand. Das muss nicht sein. Machen Sie es lieber richtig. Versichern Sie sich zunächst, dass Ihre Badewanne groß genug ist. Die Wanne muss wirklich sehr groß sein, denn der gleißende Himmelskörper misst ausgestreckt volle 1.392.684 Kilometer!
Da die Sonne recht heiß ist, empfiehlt es sich, sie nicht mit bloßen Händen vom Himmel zu holen. Profis benutzen „Schweißerschutzhandschuhe gegen thermische Risiken“, die es im Baumarkt schon ab 15 Euro gibt. Ich verwende meist Topflappen, wie sie in jeder Küche irgendwo rumhängen – geht auch. Wundern Sie sich allerdings nicht, wenn der flinke Feuerball flugs hinter eine Wolke schlüpft, sobald er Ihre Absicht oder die Topflappen bemerkt. Sonnen sind in dieser Hinsicht ganz wie Katzen oder Igel: Sie scheuen das Wasser. Das ist auch der Grund dafür, weshalb man bei strömendem Regen meist keine Spur von Sonne sieht.
Die Experten sind sich daher einig: Für ein ausgedehntes Sonnenbad sind wolkenlose Tage geeigneter. Wenn Sie einen solchen wittern, lassen Sie am besten reichlich Wasser in die Wanne. Das Wasser muss kalt sein, damit es nicht sofort verdunstet, wenn Sie die zappelnde Sonne in die Wanne setzen. Es darf jedoch auch nicht zu kalt sein, sonst erkaltet der glühende Stern beim Kontakt mit dem eisigen Nass, und alles Leben auf dem Planeten Erde hört auf zu existieren. Auch Ihres! Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt.
Passen Sie sodann einen günstigen Moment ab und schnappen sich die schmutzige Leuchtkugel. Lassen Sie sich von ihr nicht blenden – auch nicht, wenn sie beteuert, ein Bad sei noch „gar nicht wieder nötig“. Setzen Sie vorsichtshalber eine Sonnenbrille und Ihre entschlossenste Miene auf. Seifen Sie sie nun tüchtig ein und schrubben Sie sie nach allen Regeln der Kunst ab. Wenn die gelbe Sau sich wehrt, zu strampeln beginnt und um sich schlägt, drücken Sie sie besser zwei- bis dreimal komplett unter Wasser, bis sie prustet, spuckt und ihren Widerstand aufgibt. Welche Seife oder Waschlotion Sie dabei benutzen, ist übrigens egal. Hauptsache, Sie pflegen das kultisch verehrte Zentralgestirn nach dem Frottieren mit reichlich Sonnencreme und platzieren es anschließend wieder sorgfältig am Firmament.
Eine letzte Warnung: Vorsicht vor Protuberanzen! Sie blubbern zwar lustig im Badewasser, riechen aber unangenehm schweflig und können schlimmstenfalls die Kacheln von der Badezimmerwand platzen lassen. Eine Hausfrau aus Michigan stand nach einem stundenlangen Sonnenbad vor einem regelrechten Scherbenhaufen und konnte ihr Bad wegen des ekelerregenden Geruchs geschlagene acht Wochen nicht betreten. Glück im Unglück: Am blauen Himmelszelt lachte ihr ebenso viele Wochen eine blitzeblanke Sonne!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!