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„Für die Demokratie nicht unbedingt förderlich“

Wissenschaftsfreiheit Googles Einfluss auf Hochschulen gefährdet die freie Forschung und Lehre, sagt der Grüne Dieter Janecek

Foto: Stefan Kaminski
Dieter Janecek

40, ist Wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag und Google-kritisch.

taz: Herr Janecek, Google bietet derzeit Uni-Workshops zu digitalem Marketing an, bei denen unter anderem Google-Dienste wie Analytics oder Adwords im Mittelpunkt stehen. Sinnvolles Weiterbildungsangebot oder ärgerliche Werbeveranstaltung?

Dieter Janecek: Ich beobachte es mit Sorge, dass Google seine Lobbyaktivitäten in vielen Bereichen ausweitet. Es ist nicht das einzige Unternehmen, das das versucht, aber Google hat eine große Marktmacht, gerade was Analytics angeht. Und im Journalismus versucht man mit Angeboten an die Verlage den eigenen Einfluss auszuweiten. Das ist für mich eine Form von Lobbyismus, die für die Demokratie nicht unbedingt förderlich ist.

Die Hochschulen argumentieren, dass sie nur den beruflichen Anforderungen an die AbsolventInnen Rechnung tragen. Was entgegnen Sie dem?

Jeder ist frei, die Tools zu nutzen, die im Internet zur Verfügung stehen. Da gibt es auch auf OpenData-Basis eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Die sollte man auch lehren an den Hochschulen. Aber wenn es ans Kommerzielle geht und große Konzerne, in dem Fall Google, ihre Monopolstellung in Bereichen noch zu verbreitern suchen, ist das nicht gut. Das schadet dem Wettbewerb und die Frage ist ja auch, ob das eine gute Kombination ist – Freie Lehre und diese Marktmacht. Das würde ich doch sehr infrage stellen.

Wäre es auch eine Lösung, solche Veranstaltungen wie die von Google zuzulassen, sie dann aber zu kommentieren?

Sicher kann man Dialoge führen, auch mit Google. Aber dann müssen auch die kritischen Themen wie die Marktmachtsvorwürfe oder die Frage dieses eigenen Internetinstituts Alexander Humboldt angesprochen werden dürfen.

Hochschulen sind zunehmend auf Drittmittel angewiesen, Engagements wie das von Google an der Berliner Humboldt-Universität sehr willkommen. Wie lässt sich das Dilemma lösen?

Das ist natürlich das Problem für viele Hochschulen, dass sie sich unter wirtschaftlichen Druck gesetzt sehen. Aber das kann nicht dazu führen, dass Unternehmen ihre Interessen dort verwirklichen können. Das ist das Gegenteil von dem, was Freie Lehre sein soll. Sie soll den freien Geist fördern und eben nicht einführen in geschlossene Systeme, wie sie Google zum Beispiel anbietet. Die Lösung kann nur sein, dass man die Hochschulen entsprechend ausstattet und ihnen die Möglichkeiten gibt, diese Freie Lehre selbst zu gewährleisten. Für Drittmittelforschungsprojekte brauchen wir klare Transparenzkriterien.

Wie kann die Politik Googles Marktmacht beschneiden?

Was den Bereich der Suchmaschinen angeht, da ist Deutschland in einer Sonderstellung. Wir haben einen sehr hohen Anteil von Google-Nutzern. Der ist in den USA zum Beispiel weitaus geringer als bei uns. Es gab in Deutschland Versuche einer eigenen Suchmaschine, aber die waren nicht besonders vielversprechend, zumal eben die Suchmaschine von Google einfach auch attraktiv ist. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Deswegen kann ich dem nicht kartellrechtlich begegnen. Aber man muss beobachten, in welchen anderen Bereichen außerhalb der Suchmaschinen Google versucht, Marktmacht zu gewinnen.

Wo denn überall?

Zum Beispiel beim mobilen Betriebssystem Android oder eben wohl auch über die Aktivitäten an den Hochschulen.

Interview Ronny Müller

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