Rosa Einhörner statt schwarzer Bomberjacken

FinnlandDie „Soldiers of Odin“ sind abgetaucht. Ihren Namen benutzt jetzt ein ganz anderes Label

„Glitzersachen, ­Regenbogenartikel, was mit Einhörnern“

Riikka Yrttiaho, Labelschöpferin

STOCKHOLM taz | Wer sich zur finnischen Facebookseite ­„Soldiers of Odin“ (www.­face­book.com/Soldiers-of-Odin-­1178838978802741) klickt, den empfängt ein Glitter-Einhorn und ein rosa Slogan in Runenschrift: „Natsit vittuun“ – „Nazis verpisst euch“. Auf der Website soldiersof­odin.fi kann man für drei Euro ein Badge (www.instagram.com/p/BFoT0khJ8Ip/?taken-by=soldiersofodinofficial) mit der gleichen Botschaft bestellen. Demnächst soll es hier weitere einschlägige Accessoires geben.

Mit den „echten“ „Soldiers of Odins“, die im letzten Winter in finnischen Orten als ausländerfeindliche Bürgerwehren auftauchten und die sich in ein Dutzend andere Länder ausgebreitet haben, hat das Label bis auf den gemeinsamen Namen nichts zu tun. Die Finnin Riikka Yrttiaho, die in Stockholm Politik studiert, hatte die Idee, den „Soldiers“ den Namen zu „mopsen“: „Als ich gelesen habe, dass sich so eine rassistische Organisation in Finnland ohne Weiteres offiziell registrieren lassen konnte, dachte ich: Dagegen muss man was machen.“

Was die aus militanten Neonazi-Gruppen stammenden „Odin-Soldaten“ nämlich übersehen hatten: Mit der Registrierung als Organisation war nicht etwa automatisch das Warenzeichen geschützt. Yrttiaho ließ für 215 Euro bei der finnischen Patent- und Registerbehörde unter dem Namen „Soldiers of Odin“ eine Webboutique für Modeartikel registrieren. Mode, die ganz andere Botschaften als den Rassismus und die Ausländerfeindlichkeit der Glatzköpfe verbreiten soll.

„Glitzersachen, Regenbogenartikel, was mit süßen Kätzlein und Einhörnern“, sagt die 27-jährige Initiatorin: „Geld wollen wir damit nicht verdienen. Es geht uns ja nur um die Botschaft: Nein zum Rassismus.“ Alle Einnahmen werde man Organisationen zukommen lassen, die Flüchtlingen helfen.

Die braunen „Soldaten“ hätten sich bislang noch nicht bei den rosafarbenen beschwert, berichtet Yrttiaho. Deren Aktivitäten scheinen ohnehin eingeschlafen zu sein. Mit Ausnahme der Hauptstadt selbst, in der von Zeit zu Zeit Trupps mit den schwarzen Lederjacken auftauchen – in denen vorwiegend Migranten aus Estland stecken –, seien diese „Straßenpatrouillen“ wieder verschwunden, sagen Polizeiquellen.

Im nordfinnischen Kemi, wo die Bewegung im Oktober 2015 ihren Ausgang genommen hatte, „ist schon lange Ruhe“, berichtet der dortige Polizeisprecher Rauno Pätsi.

Die meisten Gruppen haben sich mangels eines positiven Echos in der Bevölkerung aufgelöst, sagt Tommi Kotonen, Rechtsextremismusexperte an der Universität Jyväskylä: Viele hätten deshalb keinen Sinn mehr in den „Patrouillen“ gesehen und auch die negative Publizität habe abschreckend gewirkt. Bald hatte sich nämlich der ausgeprägt kriminelle Hintergrund mehrerer führender Mitglieder herumgesprochen. In Kemi ist der mehrmals einschlägig vorbestrafte „Soldiers“-Gründer höchstpersönlich vor drei Wochen wegen schwerer Körperverletzung zu eineinhalb Jahren verurteilt worden.

Die „Soldiers“ beschränkten sich jetzt auf die sozialen Medien, hat Kotonen beobachtet: „Das fordert ja auch keinen großen Einsatz.“ Anonyme Stimmen bestätigen diese Einschätzung gegenüber Helsingin Sanomat. Im Internet habe man recht viel Unterstützung bekommen, erzählt dort ein anonymer „Soldier“ aus der Stadt Pori, aber an den Patrouillen teilgenommen hätten nur wenige. Deshalb verzichte man gegenwärtig auf Aktivitäten. Aufgelöst habe sich die Gruppe aber nicht: „Wenn etwas passieren sollte, sind wir gleich wieder da.“ Reinhard Wolff