Kein selbst gepresster Saft mehr

LÄUFT Die „Spiegel“-Geschäftsführung zieht Zwischenbilanz ihres Reformpakets: Im Juni soll es die ersten Kündigungen geben, Bezahlangebote für Online starten bald

Hier könnten bald leider ein paar Plätze frei bleiben Foto: Stefan Zeitz/imago

von Anne Fromm

„Dieses Ziel steht unverändert fest“, heißt es in dem Text, den Spiegel-Geschäftsführer ­Thomas Hass am Montag im Intranet des Verlags veröffentlicht hat: Der Spiegel muss sparen. 15 Millionen Euro, dafür sollen rund 150 Stellen gestrichen werden, so hatte Hass es bereits im Dezember verkündet und das Reformpaket „Spiegel-Agenda 2018“ angekündigt. Nun betont er wieder die Notwendigkeit zu sparen: Eine Trendumkehr bei der rückläufigen Erlösentwicklung „ist weder im Vertriebsmarkt noch in der Anzeigenvermarktung in Sicht“, schreibt er. Dennoch: Mit der Agenda sei das Haus „auf einem sehr guten Weg“, auch wenn man sehe, dass „er leider nicht ohne Härten verläuft“.

Demnach seien die Modelle für den erweiterten Vorruhestand „sehr gut“ angenommen worden – zuletzt war von 111 Mitarbeitern die Rede, die freiwillig gehen –, so dass deutlich weniger Kündigungen ausgesprochen werden müssten als erwartet. Dennoch seien Kündigungen nötig. Die ersten seien für Juni geplant und sollen „fair und angemessen“ gestaltet werden. Hass schreibt von einem eigenen „Spiegel-Weg“, den er nicht weiter ausführt. Die Beratungen mit dem Betriebsrat laufen noch.

Da durch die Vorruhestandsmodelle auch Stellen ungeplant frei würden, soll es auch Nachbesetzungen geben. Hass schreibt von rund 25 Stellen, die neu besetzt werden sollen – vorzugsweise mit Mitarbeitern, die von Kündigung bedroht seien.

In den Bereichen Rechnungswesen, Vertrieb, Vermarktung und Werbung sollen Aufgabenfelder ausgelagert werden. Dafür sei die Geschäftsführung derzeit in der „Leistungsbeschreibung“ und Ausschreibung.

Mehr als 3 Millionen Euro könnten an Sachkosten gespart werden, unter anderem dadurch, dass die Redaktion deutlich weniger mit Freien und Pauschalisten zusammenarbeitet – das spart Honorare. Raumkosten werden gesenkt, weil zum Beispiel das Berliner Hauptstadtbüro demnächst von seinem prestigeträchtigen Büro am Brandenburger Tor in ein neues in der Nähe des Hauptbahnhofs zieht. Andere Außenbüros sollen folgen, das Spiegel-Hauptgebäude an der Ericusspitze in Hamburg stehe aber nicht zur Diskussion.

Gespart wird auch im Kleinen: Seit Jahresbeginn wird der Orangensaft nicht mehr im Haus selbst gepresst, sondern frisch gepresst eingekauft. Die Qualität des Saftes leide darunter nicht, versichert Hass.

Mit den neuen Produkten und laufenden Projekten zeigt sich Hass zufrieden: Das Jugendportal Bento sei gut gestartet, der morgendliche Newsletter „Morning Briefing“ würde von Lesern und Anzeigenkunden gut angenommen: Die Werbeflächen für Mai, Juni und Juli seien durchgängig verkauft. Weniger erfolgreich sei der Regionalteil für Nordrhein-Westfalen gelaufen, den der Spiegel drei Monate lang getestet hatte und wieder einstellen wird. Aktuell arbeite man am Aufbau des Konferenzgeschäfts. Zahlreiche Verlage verdienen damit bereits jetzt schon Geld, so unter anderem der Tagesspiegel, der regelmäßig Tagungen mit Politik, Lobbyisten, NGOs und Wirtschaftsvertretern organisiert. Das Geschäftsmodell ist umstritten, über welche Konferenzen der Spiegel nachdenkt, steht nicht in dem Papier.

Die technische Entwicklung eines Bezahlangebots für Spiegel Online laufe derzeit, der Einzelverkauf von Artikeln soll bald starten – 20 bis 30 Artikel vom gedruckten Spiegel und von Spiegel Online sollen zunächst pro Woche kostenpflichtig werden. Spiegel Daily, eine multimediale Tageszeitung, wird derzeit entwickelt. Geplant ist ihr Start für das letzte Quartal 2016.