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Panik in Großbuchstaben

„Easy“, „Gene Galaxo, der Mutant“, „Dröhndiskothek“. Kneipen­slang, Kunstworte, ein eigener Sprachsound. Das fällt mir als Erstes bei der Musik von Udo Lindenberg ein. Als Zweites seine Gürtelschnalle mit dem Wort PANIK in Großbuchstaben. Mehr Glam war nicht im Westdeutschland der Siebziger. Schlaueres Branding auch nicht: Lindenbergs Band hieß Panik-Orchester, dann gründete er sogar die Panik-Partei. Neben Rio Reiser war Lindenberg der Erste, der auf Deutsch texten konnte, ohne dass es unangenehm roch.

Bald wurde er Fixstern einer Szene um den Club Onkel Pö in Hamburg-Eppendorf. Ihr Lokalkolorit wurde damals erfolgreich vermarktet. Und Lindenberg ging als Muckertype aus ihr hervor. Er drummte, etwa mit Klaus Doldinger bei der Titelmelodie der ARD-Serie „Tatort“.

An Lindenbergs Solokarriere haben illustre Gestalten wie der TV-Produzent Horst Königstein geschraubt. Trotzdem steckte er viele Klatschen ein: Beim Agitprop klang es oft unbeholfen sozial­demokratisch. Jedoch: Bereits Mitte der Achtziger sang er über Neonazis, „grölende Germanen Gangs / schmeißen Granaten in die ­Kebabläden rein“.

Ohne viel Aufhebens hat er für Kollegen gedichtet. Das spätpsychedelische Kleinod „Unser freies Lied“ (1978), ein Album mit deutschen Versionen von Songs des italienischen Cantautore Lucio Battisti, geht auf sein Konto. Es lief im „Gastarbeiterradio“, hinterließ bleibenden Eindruck beim Autor. „Stell dein Motorrad doch bitte mal leiser / Das fänd ich schön“, fängt Battisti zart zu singen an. Denkt an das Mädchen Lucia, das einen Streifenwagen angemalt hat: renitent, unbeschwert, ein wenig angetörnt. Sprachlich bleibt der Macho abgerüstet, dank Panik-Udos Mosaiklyrik. Grund genug für eine Gratulation! Julian Weber

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