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Göttinger Polizei kritikfähig

Demo-Nachlese Der harte Einsatz gegen Göttinger Nazi-Gegner wird untersucht. Eine SPD-Landtagsabgeordnete wurde dabei durch Polizei-Pfefferspray verletzt

Nach breiter Kritik an ihrem ruppigen Einsatz gegen Nazi-Gegner am Samstag in Göttingen zeigt sich die Polizei reumütig. Polizeipräsident Uwe Lühring sagte am Montag, er nehme den von der Grünen Jugend geäußerten Vorwurf „eines gezielten, nicht gerechtfertigten Schlages gegen eines ihrer Mitglieder ernst“. Das für Amtsdelikte zuständige Kommissariat habe Ermittlungen eingeleitet. Auch ob zu Recht Pfefferspray gegen Demonstranten eingesetzt wurde, werde geprüft.

Rund 600 Menschen hatten am Sonnabend gegen einen Aufmarsch des rechtsextremen „Freundeskreises Thüringen/Niedersachsen“ protestiert. Als einige Demonstranten versuchten, auf das für die Kundgebung der Rechten abgesperrte Areal des Bahnhofsvorplatzes vorzudringen, setzten Beamte Pfefferspray ein. Gegen 15 vorübergehend in Gewahrsam genommene Leute aus dem Antifa-Spektrum leitete die Polizei Ermittlungen wegen Landfriedensbruchs ein.

Die Grüne Jugend hatte danach kritisiert, die Polizei habe die Situation absichtlich eskaliert. Ein Beamter habe ihn ohne erkennbaren Anlass „gezielt mit der Faust gegen den Kopf“ geschlagen, „so dass ich zu Boden ging“, berichtete ein Mitglied. Die Göttinger SPD protestierte ebenfalls gegen den Polizeieinsatz. „Nur weil zehn Antifaschisten auf den Bahnhofsvorplatz laufen, muss die Polizei nicht mit Reizgas reagieren“, sagte der Stadtverbandsvorsitzende Christoph Lehmann. Dass dabei die SPD-Landtagsabgeordnete Gabriele Andretta verletzt wurde, sei die „unerträgliche Folge eines maßlosen Einsatzes“.

Hatte die Polizei zunächst angedeutet, Demonstranten könnten die Politikerin mit Tränengas besprüht haben, ruderte sie jetzt zurück. Nach derzeitigem Stand sei Andretta im Rahmen eines Pfeffersprayeinsatzes der Polizei unbeabsichtigt verletzt worden, als sie schlichtend eingreifen wollte, sagte Polizeichef Lühring. Reimar Paul

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