: Die ökosozialen Kosten der Agrarindustrie
FAO-Studie Durch konventionelle Lebensmittel-produktion entsteht pro Jahr weltweit ein Schaden von 4,8 Billionen Dollar
Mit anderen Worten: Würden die Preise für die tägliche Mahlzeit der ökosozialen Wahrheit entsprechen, dann würden konventionelle Produkte wesentlich mehr kosten als biologisch erzeugte.
Den Niederländer Volkert Engelsman, Gründer und Geschäftsführer der Biovertriebsfirma Eosta, ließ das nicht ruhen. Er hatte auch schon die internationale Kampagne „Save our soils“ für das UN-Bodenjahr 2015 mit viel Prominenz ins Leben gerufen. Nun ließ er in Kooperation mit der FAO eine „Nachhaltigkeitsblume“ entwerfen, mittels deren man auf Engelsmans Website natureandmore.com die „wahren Kosten“ bestimmter Produkte ermitteln kann. Bisher sind allerdings nur die Umweltkosten verfügbar, die etwa durch Treibhausgase, Wasserverschmutzung und Bodenerosion entstehen. An der Darstellung der sozialen Folgekosten, etwa für pestiziderzeugte Gesundheitsschäden oder wegen Verlust an Lebensraum, wird noch gearbeitet.
Erste Ergebnisse: Immer pro Jahr und Hektar gerechnet, verursacht der konventionelle Anbau von Weintrauben einen Klimaschaden in Höhe von 3.028 Euro, Biotrauben hingegen erbringen unterm Strich einen Klimanutzen von 1.772 Euro. Der Schaden für den Boden bei der Produktion konventioneller Orangen beträgt 1.069 Euro, der Nutzen bei der Züchtung von Bioorangen jedoch 1.341 Euro. Bei konventionellen Äpfeln entsteht laut der Website ein Schaden für das (Grund-)Wasser in Höhe von 753 Euro und bei Bioäpfeln ein Nutzen von 269 Euro.
Im Gespräch mit der taz verwies Engelsman darauf, wie wichtig es sei, ein Kalkulationsmodell vorzulegen, das die Folgekosten der konventionellen Landwirtschaft deutlich macht. Hier seien neue Gesetze nötig: „Landwirte, die den Boden aufbauen, müssen mit einem Bonus belohnt, Umweltverschmutzer mit einem Malus sanktioniert werden.“ Seine Hoffnung, die Politik schnell beeinflussen zu können, sei allerdings nicht sonderlich groß.
Deshalb arbeitet sein Unternehmen an einem weiteren Pilotprojekt, das bis zum Herbst fertig sein soll. Nach seinen Worten ist das „eine Art Armaturenbrett mit Indikatoren für Boden, Wasser, Klima, Biodiversität und Soziales, das Orientierung für Banken, Investoren und Lebensmittelindustrie schaffen soll.“ Es gehe um eine neue Art von Gewinn-und-Verlust-Rechnung. „Die brauchen wir, damit sich die Definition von Gewinn insgesamt verändert. Nachhaltigkeit muss die DNA des Wirtschaftslebens werden. Ökologische und soziale Kosten, die bisher externalisiert wurden, müssen in die Preise eingehen.“ Ute Scheub
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