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Frische Luft nach ausgeklügeltem Plan

Schimmel ade Für ein gutes Raumklima reich es nicht, ab und zu das Fenster zu öffnen. Ein Lüftungskonzept hilft, Probleme mit Feuchtigkeit im Gebäude zu vermeiden

von Jördis Früchtenicht

Viele Menschen lüften nicht ausreichend: Den einen fehlt das Wissen, die anderen sind zu selten da, um oft genug zu lüften. Dabei sind saubere Luft und das richtige Raumklima nicht nur wichtig, um Schimmel vorzubeugen, sondern auch ein Beitrag für die eigene Gesundheit.

Dank modernen, energiesparenderem Bauens werden Gebäudehüllen derzeit immer dichter, und die Heizung wärmt das Wohnzimmer, nicht aber die Umgebung. Dazu gehört auch, dass die Wärmedämmung verhindert, dass Luft durch Ritzen entweicht. Doch wo Fugen dicht sind und Fenster nicht klappern, kommt Frischluft eben nicht von allein in die Wohnung.

Jedoch: Ein Mensch gibt im Verlauf von 24 Stunden ungefähr zwei Liter Feuchtigkeit an seine Umgebung ab. Dazu kommt die Nutzung der Wohnung. Duschen, Kochen, Wäschetrocknen, aber auch die Kaffeemaschine, Zimmerpflanzen oder Haustiere lassen die Luftfeuchtigkeit steigen. Sind die Fenster geschlossen, verschwindet die Feuchtigkeit nicht einfach. Es muss also gelüftet werden.

„Man sollte mindestens zwei bis drei Mal täglich lüften – und zwar bei komplett geöffneten Fenstern“, erklärt Mechthild Himmelreich von der Verbraucherzentrale Bremen. Im Sommer sollten es je 20 bis 25 Minuten sein, im Winter seien zehn bis 15 Minuten ausreichend. Je kälter es draußen wird, desto kürzer kann gelüftet werden. Bei warmen Temperaturen solle man zudem am frühen Morgen und spät abends die Fenster öffnen, damit die Räume nicht zu heiß werden.

Sofern man nicht in einer Wohnung lebt, bei der die Fensterfront nur zu einer Seite hinausgeht, sollte man zudem querlüften. Die Fenster auf Kipp zu stellen, ist dagegen nicht effektiv. Denn die Luft sickert bei Kipplüftung nur langsam hinein und kann so im Winter durch die Kombination aus Kälte und Feuchtigkeit sogar Schimmel begünstigen.

Um feststellen zu können, wann es nötig ist, zu lüften, ist ein Messinstrument zur Bestimmung der Luftfeuchtigkeit, das Hygrometer, hilfreich. „Wir haben kein Sinnesorgan für Feuchtigkeit. Da wir nicht in der Lage sind, sie wahrzunehmen, brauchen wir Unterstützung“, so der Ingenieur und Energieberater Peter B. Schmidt.

Beim Blick auf das Hygrometer ist allerdings dessen Standort zu bedenken, denn an den Raumwänden ist die Luftfeuchtigkeit höher als in der Raummitte. Für ein gutes Raumklima sollte die relative Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 60 Prozent liegen. Schon bei 80 Prozent Luftfeuchtigkeit kann Schimmel entstehen.

Wer es im Schlafzimmer auch im Winter gerne kühl hat, sollte dort dennoch die Heizung anschalten, wenn es zu kalt wird. Einfach die Tür zu einem geheizten Raum zu öffnen und das Schlafzimmer so mit zu heizen, erhöht nämlich eher die Luftfeuchtigkeit in dem ungeheizten Raum. Je wärmer die Luft ist, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Durch die Abkühlung der Luft entsteht ein Feuchtigkeitsüberschuss, der dann kondensiert. Deswegen beschlägt etwa auch eine Bierflasche, die man aus dem Keller hochholt.

Neben der manuellen Lüftung durch das Öffnen von Fenstern gibt es aber auch mechanische Möglichkeiten, für einen Luftaustausch zu sorgen. Dies ist unter anderem deshalb sinnvoll, weil so auch gelüftet wird, wenn niemand da ist. Ein Beispiel für die mechanische Unterstützung sind Fensterfalz-Lüfter, die nachträglich noch eingebaut werden können. Sie ermöglichen bei geschlossenen Fenstern einen Luftaustausch. Bei zu starkem Wind können sie sich schließen, sodass es nicht zieht.

Aufwändiger, aber auch energiesparender sind Lüftungsanlagen. „Vor allem bei modernen Gebäuden lohnt sich eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Durch die höhere Energieeffizienz ist der Energieverlust bei einer manuellen Lüftung sonst zu hoch. Bei einem Altbau können hingegen Fensterfalzlüfter sinnvoll sein. Dort ist der Energieverbrauch ohnehin so groß, dass sich der Unterschied nicht so stark bemerkbar macht“, erläutert Schmidt.

Wo Fugen dicht sind und Fenster nicht klappern, kommt Frischluft nicht von allein in die Wohnung

Es gibt Zuluftanlagen, die die Räume mit Frischluft versorgen und Abluftanlagen, die die verbrauchte Luft abführen. Letztere sind in fensterlosen Badezimmern weit verbreitet. Auch kombinierte Zu- und Abluftanlagen sind möglich, sie können mit einer Wärmerückgewinnung ausgestattet sein. Passivhäuser etwa sind mit diesen Anlagen ausgestattet. Durch die zugeführte Außenluft ist es nicht nötig, in solchen Häusern die Fenster zu öffnen. Möglich ist es natürlich trotzdem. Allerdings könne es dann im Winter kalt werden, sagt Schmidt: „Da schließt man die Fenster schon nach kurzer Zeit oder lässt es lieber.“

Welche Maßnahmen notwendig sind, ist von Gebäude zu Gebäude verschieden und kann durch ein Lüftungskonzept erfasst werden. „Wenn ein Drittel des Daches oder der Fenster erneuert werden, muss nach DIN 1946-6 ein solches Konzept erstellt werden“, erklärt Schmidt. So kann sichergestellt werden, dass trotz der besseren Wärmedämmung kein Feuchtigkeitsproblem entsteht.

Mit einem Lüftungskonzept muss die Lüftung nach DIN 1946-6 nutzerunabhängig funktionieren, also auch, wenn niemand anwesend ist. Die DIN-Norm von 2009 fordert, dass vier Lüftungsstufen für unterschiedliche Nutzungen der Räume nachgewiesen werden. Die erste Lüftungsstufe, die sogenannte Lüftung zum Feuchteschutz, muss ständig sichergestellt werden, auch bei Abwesenheit der Bewohner. Hier müssen die Gebäude von selbst einen ausreichenden Luftaustausch leisten. Dadurch wird sichergestellt, dass keine Feuchtigkeitsschäden entstehen. Die zweite Stufe, die reduzierte Lüftung, muss weitestgehend nutzerunabhängig eingehalten werden.

Und die sogenannte Nennlüftung, Stufe 3, beschreibt die nötige Lüftung bei Normalbetrieb, also bei Anwesenheit und alltäglicher Nutzung der Räume. Um hier ein gesundes Raumklima zu gewährleisten, können die Bewohner laut der DIN-Norm mit manueller Lüftung einbezogen werden. Auch bei der vierten Stufe, der Intensivlüftung, können die Nutzer mit einbezogen werden. Sie ist etwa beim Kochen oder Duschen notwendig.

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