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Schüsse auf türkischen Journalisten

Medien Der regierungskritische Journalist Can Dündar wartet in Istanbul auf ein Gerichtsurteil, als ein Attentäter ihn als „Vaterlandsverräter“ beschimpft und das Feuer auf ihn eröffnet

ISTANBUL dpa | Während des Prozesses gegen regierungskritische Journalisten in der Türkei ist ein Anschlag auf den angeklagten Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet, Can Dündar, verübt worden. Dündar blieb bei den Schüssen des Attentäters vor dem Gerichtsgebäude in Istanbul am Freitag unverletzt. Dündar sagte dem Sender CNN Türk in einem Telefonat über den Angreifer: „Aus nächster Nähe hat er geschrien: ‚Du bist ein Vaterlandsverräter.“ Dündar und dem Hauptstadtkorrespondenten der Cumhuriyet, Erdem Gül, wird in dem hoch umstrittenen Prozess unter anderem Geheimnisverrat vorgeworfen.

Dündar sagte: „Ich kenne den Attentäter nicht, aber weiß sehr genau, wer ihn ermutigt und mich zur Zielscheibe gemacht hat.“ Er hoffe, dass das Attentat denjenigen, die seit Monaten gegen ihn Stimmung gemacht hätten, „eine Lehre“ sei. Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP und besonders Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hatten Dündar und Gül öffentlich immer wieder scharf angegriffen. Eine dpa-Reporterin berichtete, nach dem Anschlagsversuch sei Dündar von Anwälten umringt und in Begleitung seiner Ehefrau ins Gericht zurückgebracht worden. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie der Attentäter festgenommen wurde.

Das Gericht hatte sich am Freitag zu Beratungen über das Urteil zurückgezogen, als es gegenüber vom Haupteingang des Justizgebäudes zu dem Attentat kam. Dündar sagte, er sei auf dem Weg in ein Café gewesen, um dort auf die Urteilsverkündung zu warten. Die Verhandlung sollte am Freitagabend nach Angaben von Dündars Anwalt wie geplant fortgesetzt werden. Das Urteil stand bei Redaktionsschluss noch aus.

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