: "Bei Gewalt hört der Spaß auf"
Lausitz Wolfgang Rupieper, Vorstandsvorsitzender von „Pro Lausitzer Braunkohle“, über die geplanten Proteste in seinem Revier
Jahrgang 1947,ist Richter im Ruhestand, zuletzt war er Amtsgerichtsdirektor in Cottbus. Rupieper ist Vorsitzender des Vereins Pro Lausitzer Braunkohle. Der Verein hat über 30 Förderer, zu denen unter anderem auch Vattenfall gehört.
taz: Herr Rupieper, wir machen Energiewende: Wie lange kann es noch Lausitzer Braunkohle geben?
Wolfgang Rupieper: Das kann momentan niemand sagen. Wir brauchen den Strom in Deutschland und Europa. Niemand weiß, wann es Versorgungssicherheit ohne Braunkohle gibt.
Es gibt Gaskraftwerke, die wegen Braunkohle vorm Aus stehen, und Stromüberschuss. Da soll Kohle unersetzbar sein?
Braunkohle ist der Speicher für erneuerbare Energien. Sie springt ein, wenn Wind und Solar keinen Strom liefern. Momentan ist kein Gaskraftwerk in Deutschland in Planung. Die rechnen sich nicht und können keine Grundversorgung sicherstellen. Wollen Sie, dass wir wieder Atomstrom importieren?
Sie vertauschen Ursache und Wirkung: Die Braunkohle verhindert einen Wandel und deshalb soll sie einfach weiterbestehen?
Es geht nicht nur um Sicherheit, sondern auch um günstigen Strom für die Industrie und die Verbraucher. Die Braunkohle wird nicht subventioniert. Die Steinkohle schon, die erneuerbaren Energien sowieso. Der Braunkohlestrom ist für die Abnehmer am günstigsten. Wir müssen auf die Wirtschaft und günstigen Strom für die Bürger schauen.
Mitte Mai kommen Protestierende in Ihre Region, die sagen: Die Alternative ist da, nennt sich Erneuerbare. Die werden Sie nicht mit offenen Armen empfangen, oder?
Sicher sind die motiviert, da ist nichts gegen einzuwenden. Es ist doch gut, wenn man anderer Ansicht ist. Jeder kann hier in der Lausitz seine Meinung kundtun. Es muss nur gewaltfrei bleiben. Das ist die Voraussetzung. Der Dialog ist erwünscht. Das sehe ich gelassen. Ist Gewalt gegen Sachen und Personen im Spiel, dann hört der Spaß auf.
Die Protestler sagen: Wir sind friedlich. Keine Sachbeschädigung, keine Gewalt. Das nennt sich dann ziviler Ungehorsam.
Ziviler Ungehorsam hat seine Grenzen. Blockaden erfüllen auch Straftatbestände. Die Betroffenen dürfen sich nicht beschweren, wenn sie am Ende vorm Richter stehen. Niemand kann sich darauf berufen, dass seine Gesinnung eine gute ist.
Wäre es mit Ihnen möglich, einen Ausstieg aus der Braunkohle zu erarbeiten?
Nein. Ein Zeitpunkt kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht festgelegt werden. Wir müssen abwarten, was passiert, wenn 2022 der Atomstrom wegfällt. Und Strom macht nur ein Drittel der Energie in Deutschland aus: Im Verkehr und im Gebäudesektor müssen wir auch umsteuern.
Braunkohle tanken wird allerdings schwer.
Man hat sich die Braunkohle als Sündenbock ausgesucht, weil das einfach ist. Niemand blockiert das Kamener Kreuz, weil Autos CO2 ausstoßen. Ich bin für erneuerbare Energien, aber die Probleme, die vor uns liegen, sind noch gewaltig.
Ingo Arzt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen