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Kenia schiebt Taiwaner ab – nach China

China-Taiwan Nairobi erfüllt damit Pekings Wunsch. Taipeh fürchtet, das Beispiel könnte Schule machen

AUS PEKING Felix Lee

Kenias Abschiebung von 45 taiwanischen Staatsbürgern in die Volksrepublik sorgt in Taiwan für Empörung. Bereits am vergangenen Freitag hatten kenia­nische Sicherheitskräfte acht Taiwaner in eine chinesische Linienmaschine gesteckt, die sie unter Polizeiaufsicht nach Peking brachte. Am Dienstag wurden weitere 37 Taiwaner in Nairobi in ein chinesisches Flugzeug gezwungen. 15 hätten sich laut Taiwans Medien gewehrt. Darauf setzte Kenias Polizei Tränengas ein. Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua zeigte am Mittwoch die Ankunft der 37 in Peking. Beim Aussteigen wurde ihnen schwarze Hauben über ihre Köpfe gezogen.

„Dies ist ein unzivilisierter Akt illegaler Entführung und eine ernsthafte Verletzung grundlegender Menschenrechte“, wetterte ein Sprecher des taiwanischen Außenministeriums. Die Regierung in Taipeh ist überzeugt, dass die Abschiebung auf Druck der kommunistischen Führung in Peking erfolgte. Sowohl Taiwans noch amtierende taiwanische Kuomingtang-Regierung als auch die Demokratische Fortschrittspartei (DPP), die jüngst die Präsidentschaftswahlen gewannen und ab Mai die Regierung stellen wird, verurteilten das Vorgehen von China und Kenia scharf.

Kenias Regierung macht es sich im Fall der 45 angeblich in einen Betrugsfall involvierten Taiwaner einfach: „Sie kamen von China, also wurden sie nach China zurückgebracht“, heißt es aus dem Innenministerium. Da sich die Menschen illegal in Kenia aufhielten, wurden sie nun zu ihrem „letzten Aufenthaltsort“ zurückgebracht. Klingt plausibel. Nur: Taiwaner sehen sich nicht als Chinesen aus der Volksrepublik.

Chinas Führung ­betrachtet Taiwan als abtrünnige Insel und fordert von allen Ländern, die Inselrepublik nicht als eigenständigen Staat anzuerkennen. Taiwan ist eine Demokratie, die Volksrepublik nicht. Trotzdem widersetzen sich weltweit nur noch 22 Staaten Pekings Aufforderung. Kenia beendete vor einiger Zeit seine diplomatischen Beziehungen mit Taiwan.

Seit 2009 haben die Volksrepublik und Taiwan ein Rechtshilfeabkommen. Doch gab es 2011 schon einen ähnlichen Fall. Ebenfalls auf Druck Pekings schob damals Philippinien Taiwaner in die Volksrepublik ab. Erst nach sieben Monaten ließ Peking sie ausreisen.

Der Hintergrund der jetzigen Abschiebungen ist unklar. Kenias Generalstaatsanwalt behauptet, die Taiwaner sollten zusammen mit weiteren 31 Festlandchinesen nach China ausgeliefert werden, damit ihnen dort der Prozess gemacht werden könne. Taiwans Regierung sagt jedoch, die Gruppe sei bereits letzte Woche in Nairobi freigesprochen worden. Sie wurde lediglich aufgefordert, binnen 21 Tagen das Land zu verlassen.

Die meisten Kenianer machen keinen Unterschied zwischen Taiwanern und Chinesen vom Festland. Sie mögen beide nicht. Seit Jahren kommen Chinesen zu Zehntausenden nach Kenia und bauen Straßen, Schienen und betreiben Fabriken. Oft bringen sie eigene Arbeiter mit, was Aversionen schürt. Kenianer klagen, Chinesen würden ihr Land ausbeuten und ihnen Arbeitsplätze wegnehmen.

(Mitarbeit: Ilona Eveleens, Nairobi)

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