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STEFAN REINECKE zur Lage der Grünen nach Kretschmanns ErfolgDie Mitte ist kein sicherer Ort

Den Grünen ging es lange nicht so gut. Sie sind in zwei Dritteln aller Landesregierungen vertreten. Winfried Kretschmann erscheint derzeit geradezu als Verkörperung eines soliden Politikers, pragmatisch, aber nicht prinzipienlos. Und somit wie das Gegenbild zu dem sprunghaften SPD-Chef Sigmar Gabriel.

Und die Grünen haben scheinbar einen strategischen Vorteil. Die Links-rechts-Lager lösen sich nicht auf, aber sie werden undeutlicher, wie Schatten. Und gerade in dieser wachsenden Unübersichtlichkeit ist es günstig, flexibel zu sein. Die Grünen regieren in Erfurt mit der Linkspartei, in Stuttgart bald mit der CDU, in Rheinland-Pfalz bald mit SPD und FDP. Die Grünen sind also in der Mitte angekommen und somit bestens gerüstet für die nächste Phase postideologischen Politik? Vorsicht. Die Konjunkturen in der Stimmungsdemokratie sind jäh und kurz.

Der Parteilinke Gerhard Schick warnt zu Recht davor, schon „den nächsten Dienstwagen im Kopf zu haben“. Im Bund herrschen noch immer andere Regeln als in den Ländern, in denen der Typus des pragmatischen Bürgermeisters gefragt ist, bei dem das Parteibuch nicht das Wichtigste ist. Dort sind die Lager sichtbarer als in den Ländern, und Lagerwechsel können Kollateralschäden verursachen.

Schwarz-Grün ist 2017 für Hofreiter und Göring-Eckardt wohl die einzige machbare Regierungsoption. Gerade wenn die Grünen da schon vorab, wie Kretschmann rät, ganz viel von Kompromiss reden, kann das 2017 nach hinten losgehen. Und: Man muss nur ein paar Kapitel der Erzählung von der glücklichen Ankunft der Grünen in der Mitte etwas drehen – schon sehen die historische Reifung und die erstaunliche politische Flexibilität aus wie die Beliebigkeit einer liberalen Scharnierpartei, die mit CSU und der Linkspartei koalieren kann. Und die viel tut, um an die Macht zu kommen, und wenig dafür verlangt. Die Mitte ist für die Bundesgrünen kein sicherer Ort.

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