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Sie verschafft den Frauen Sichtbarkeit

MENSCHENRECHTE Marina Gallego, Feministin aus Kolumbien, wurde mit einem Preis in Berlin geehrt

Marina Gallego Foto: Wolf-Dieter Vogel

Wenn alles gut geht, werden die kolumbianische Regierung und die Farc-Guerilla in den nächsten Monaten ein Friedensabkommen unterzeichnen. Noch ist das nicht endgültig ausgemacht, doch Marina Gallego blickt schon jetzt auf einen großen Erfolg zurück: Wie in kaum einem bewaffneten Konflikt weltweit sei die weibliche Bevölkerung in den Friedensprozess eingebunden worden, sagt sie. Das ist auch der Arbeit des Netzwerks Ruta Pacífica de las Mujeres zu verdanken, das die Kolumbianerin repräsentiert. Stellvertretend für den „Friedlichen Pfad der Frauen“ erhielt sie am Donnerstag in Berlin den Menschenrechtspreis 2016 der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung.

Seit 20 Jahren kämpft die feministische Bewegung, in der 300 Gruppen organisiert sind, für eine friedliche Lösung des Bürgerkriegs. „Vor allem wollen wir die Konsequenzen des bewaffneten Konflikts für das Leben und den Körper von Frauen sichtbar machen“, sagt Sprecherin Gallego. Sie spricht von Vergewaltigungen, Vertreibung und dem Verlust der Männer, Kinder oder Väter. „Nach unseren Recherchen haben 13 Prozent aller Frauen sexuelle Gewalt erlitten“, erklärt sie und redet von einer oft vier- bis fünffachen Viktimisierung weiblicher Opfer: Sie verlören ihre Familie, müssten aus den Dörfern flüchten, verarmten und würden von bewaffnen Gruppen rekrutiert.

In einer Wahrheitskommission befragten die Aktivistinnen zahlreiche Betroffene des seit über 50 Jahren andauernden Krieges. Das Ergebnis trug Gallego als Repräsentantin der Ruta pacífica in Havanna vor, wo fast ausschließlich männliche Vertreter der Farc und der Regierung seit dreieinhalb Jahren über einen Friedensvertrag verhandeln. Der Druck feministischer Organisationen sorgte dafür, dass bei den Verhandlungen eine Untergruppe Gender eingerichtet wurde. „Die Beteiligten haben die fehlende weibliche Präsenz am Verhandlungstisch erkannt“, sagt Gallego. „Auch die Frauen der Aufständischen stellten ihre Rolle bei den Gesprächen in Frage.“

Nun ist sie zuversichtlich. Dank des Einsatzes der Feministinnen wird bei allen Themen die besondere Betroffenheit von Frauen berücksichtigt: bei der Agrarreform, der Entschädigung der Opfer und der strafrechtlichen Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen. Das könne weltweit eine Lehre für künftige Friedensprozesse sein, hofft sie. Ob die Angriffe gegen Frauen nachlassen, wenn der Krieg beendet wird? Zunächst wohl kaum, befürchtet Gallego. In den ersten Jahren müsse man besonders wachsam sein. „Viele Kämpfer kehren in ihre Dörfer, zu ihren Familien oder Freundinnen zurück. Sie haben keine Arbeit, wissen nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen sollen und müssen sich erst wieder in die Gesellschaft integrieren. Das führt häufig zu Gewalt.“

Wolf-Dieter Vogel

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