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„Ohne Besserwisserei“

Vorbild Der Weg zum Erfolg führt durch die Mitte, sagt Daniel Cohn-Bendit

Daniel Cohn-Bendit

70, von 1994 bis 2014 Mitglied im Europäischen Parlament für die Grünen.

taz: Herr Cohn-Bendit, fast 90 Prozent finden Winfried Kretschmann als Ministerpräsidenten gut, sogar die meisten AfD-Wähler. Ist sein Erfolg auf den Bund übertragbar oder eher ein regionales Phänomen?

DanielCohn-Bendit: Es ist beides. Die Grünen sind in Baden-Württemberg schon sehr lange stark und stellen in Tübingen, Stuttgart und Freiburg den Oberbürgermeister. Diese Verwurzelung ist einzigartig, das stimmt. Aber dieser Erfolg zeigt, dass sich ein offener politischer Stil für die Grünen lohnt. Diesen Stil verkörpern auch Robert Habeck und Cem Özdemir. Kretschmann zeigt, dass die Grünen enorm erfolgreich sein können, wenn sie diskursiv offen sind, ohne Besserwisserei und demonstrativ eine besondere Moral für sich zu beanspruchen.

Frankfurt ist das Gegenbeispiel. Da haben die Grünen lange mit der CDU regiert – und bei den Kommunalwahlen gerade krachend verloren. Also ist der Weg in die Mitte für die Grünen doch nicht der Königsweg?

Klar, auch der Weg in die Mitte kann scheitern. Aber erstens gibt es einen hessischen Kretschmann. Jochen Partsch, der als Oberbürgermeister in Darmstadt mit Schwarz-Grün regiert und wiedergewählt worden ist. Gerade wenn die Grünen in die Mitte gehen, müssen sie offen mit allen Schichten und Gruppen kommunizieren. In Frankfurt haben sich die Grünen abgeschottet gegen die Stadtgesellschaft. Sie haben 2012 in ihrer Magistratsgruppe den einsamen Beschluss gefasst, bei der Wahl des Frankfurter Oberbürgermeisters den CDU-Kandidaten Boris Rhein zu unterstützen und nicht den SPD-Mann Peter Feldmann. Dabei waren zwei Drittel der grünen Wähler für Feldmann.

Das heißt also?

Die Grünen sind in Frankfurt an der Unfähigkeit gescheitert, auf die Gesellschaft zuzugehen. Außerdem haben sie sich in der Mietenfrage von der CDU ausbremsen lassen. Deshalb haben sie verloren. Kretschmann und Partsch stehen genau für das Gegenteil.

Kretschmann hat die Wahl gewonnen – aber ob er regieren kann, ist unklar.

Doch, das wird er. Was sonst? Die SPD wird in Stuttgart jetzt doch keiner CDU-Regierung mit Guido Wolf ins Amt helfen. Die FDP ist in Baden-Württemberg zu nationalistisch, um Rot-Grün zu unterstützen. Also bleibt nur Schwarz-Grün, die neue Große Koalition.

Interview Stefan Reinecke

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