: Ersatzpräsident gewählt
Birma Die von der Verfassung ausgebremste Aung San Suu Kyi lässt ihren Vertrauten Htin Kyaw zum Präsidenten wählen. Das Militär macht einen Hardliner zum Vize
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Aus Rangun Verena Hölzl
„Es ist der Sieg von Aung San Suu Kyi“: Der erste Kommentar von Birmas angehendem Präsidenten Htin Kyaw am Dienstagmorgen im Parlament ließ keine Zweifel an seiner Loyalität. 360 der 652 Abgeordneten stimmten zuvor für den 69-Jährigen, der nach mehr als einem halben Jahrhundert Militärdiktatur ab Ende März Birmas erster demokratisch gewählter Präsident sein wird.
Htin Kyaw vertritt als ihr langjähriger Vertrauter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die das Amt nicht ausführen darf. Das Militär verhinderte es bis zuletzt. Die von den Generälen entworfene Verfassung versperrt Birmesen mit ausländischen Familienangehörigen den Weg an die Staatsspitze. Suu Kyis Söhne sind wie ihr verstorbener Ehemann Briten. Eine Verfassungsänderung konnten die Generäle verhindern, die mit 25 Prozent der Sitze im Parlament de facto Vetorecht haben. Auch Verhandlungen von Suu Kyi mit dem Oberkommandierenden des Militärs konnten daran bis zuletzt nichts ändern.
Die NLD hatte ihre Anhänger vorab öffentlich aufgefordert, ihre Entscheidungen auf dem Weg zu mehr Demokratie zu unterstützen. Und das tun sie. Die Birmesen, die der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) bei den Parlamentswahlen im November einen Erdrutschsieg bescherten, reagierten zufrieden auf die Wahl Htin Kyaws. Von Stolz und einem historischen Moment war allerorts die Rede.
Weniger erfreulich fielen die Reaktionen auf die Wahl des Vizepräsidenten aus, den das Militär mit seinen ungewählten Abgeordneten bestimmen kann. Myint Swe wird Nähe zu Exdiktator Than Shwe nachgesagt, der Birma brutal regierte und zu einem der ärmsten Länder herunterwirtschaftete. Myint Swe soll bei der Safran-Revolution 2007 das Militär auf die Demonstranten gehetzt haben, weshalb er Einreiseverbot in den USA hat.
Htin Kyaw, Birmas designierter Präsident
Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse konnte die NLD den zweiten Vizepräsidenten bestimmen. Die Wahl fiel auf den parteiintern unbekannten Henry Van Thio, einen Christen der China-Minderheit. Seine Wahl gilt als Signal an die Ethnien im seit Jahrzehnten zerstrittenen Birma, dass die NLD ihre Belange ernst nimmt.
Auch diese Personalie wird nicht nur positiv aufgenommen. Der NLD-Unterhausabgeordnete Myo Win hat es nicht mehr in den vollen Saal im NLD-Wohnkomplex in der Hauptstadt Naypyidaw geschafft, in dem Aung San Suu Kyi kurz nach der Nominierung ihrer Präsidentschaftskandidaten ihre Parteifreunde auf die Entscheidung einschwor. Eigentlich ist es ihm auch egal. Ob er frustriert sei? Nein, so wolle er das nicht sagen. Htin Kyaw sei eine gute Wahl. Aber dass mit Henry Van Thio ein völlig unbekannter Abgeordneter, der noch dazu früher einmal in der Armee war, Vizepräsident wird, gefällt ihm nicht. „Aber ich unterstütze Aung San Suu Kyi. Deshalb bin ich hier“, sagt er. Überzeugt klingt das nicht.
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