piwik no script img

„Gleiches Geld für gleiche Arbeit“

Streik II Es geht nicht nur um Geld. Sondern auch um Gerechtigkeit. Drei LehrerInnen erzählen, warum sie streiken wollen

Micah Brashear, 29, Lehrer an der Bettina-von-Armin-Schule in Reinickendorf

Ich streike am Donnerstag, weil es eine große Ungerechtigkeit ist, wie unterschiedlich Lehrer in Berlin bezahlt werden. Grundschullehrer, angestellte Lehrer und Beamte: Sie sollten alle dasselbe verdienen. Ich habe gerade als Quereinsteiger mein Referendariat abgeschlossen und bin sogar der Ansicht, dass Referendare dasselbe verdienen sollten wie ausgebildete Lehrer: Gleiches Geld für gleiche Arbeit. Außerdem muss es endlich einen Tarifvertrag geben – das gehört nun einmal zu einem modernen Arbeitsverhältnis dazu. Ich streike außerdem, weil ich die Bildungspolitik des Senats nicht gut finde. Die Personalausstattung ist eine Katastrophe, es fällt viel zu viel Unterricht aus. Die Gebäude sind marode, es gibt zu wenige Computer. Trotzdem würde ich nie aus Berlin wegziehen. Die Lebensqualität in einer Stadt ist mir wichtiger als das Gehalt. Außerdem verdiene ich nicht schlecht.

Clara Rösener, 28, Grundschullehrerin in der Schule am Koppenplatz

Ich werde am Donnerstag streiken, weil wir als Grundschullehrer nicht verstehen, warum wir deutlich weniger verdienen als andere Lehrer in Berlin. Das Studium des Grundschullehramts ist inzwischen genauso aufwändig wie das Studium des Lehramts in Sekundarschulen und Gymnasien. Wegen des hohen Einstellungsbedarfs werden an meiner wachsenden Schule inzwischen Studienräte eingestellt. Es gibt gar nicht genug Grundschullehrer in dieser Stadt. Diese Studienräte verdienen ein paar hundert Euro mehr als wir, obwohl sie gar nicht als Grundschullehrer ausgebildet sind. Wenn alle Lehrer in Berlin dasselbe arbeiten können: Warum verdienen wir dann nicht auch dasselbe? Was auch nicht nachvollziehbar ist: Warum verdienen angestellte Lehrer weniger als Lehrer, die verbeamtet sind? Ich will mich nicht verbeamten lassen, diesen Status braucht man heute nicht mehr. Auch will ich mich nicht über mein Einstiegsgehalt beschweren. 4.250 Euro brutto verdienen die wenigsten beim Einstieg in ihren Beruf. Das Erschreckende sind die mangelnden Entwicklungsmöglichkeiten. Ich bin mit 25 Jahren Lehrerin geworden. Das heißt: Ich werde jetzt 40 Jahre lang dasselbe verdienen.

Jörg Petrasch, 46, Lehrer an der Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule am Humannplatz

Ich streike am Donnerstag, weil ich meine: Gleiches Geld für gleiche Arbeit. Wir brauchen endlich eine tarifliche Entgeltordnung. Gesamtgesellschaftlich betrachtet finde ich nicht, dass ich wenig Geld verdiene. Erzieher und andere soziale Berufe sind viel schlechter dran und sind auf unsere Solidarität angewiesen. Auch die Sprachlehrer in den Willkommensklassen müssten unbedingt viel mehr Geld verdienen – bei der Belastung: Das ist wirklich nicht gerecht. Die Schule, an der ich arbeite, ist noch sehr jung. Daher gibt es deutlich mehr angestellte Lehrer. Es spielt bei uns gar keine Rolle im Alltag, ob jemand Beamter ist oder nicht. Mich interessiert es auch nicht, was die verbeamteten Kollegen im Einzelnen verdienen. Was ich aber problematisch finde: Ich bin erst vor wenigen Jahren Lehrer geworden und werde keine gute Rente bekommen.

Protokolle Susanne Messmer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen