Resozialisierung auf der Bank

Fußball II Drei Nachwuchstalente von Hannover 96 haben einen Überfall auf eine Spielbank geplant. Das war nicht nur eine Dummheit, sondern zeigt die Mängel in der Nachwuchsförderung des Vereins

Die böse Frage, was bei Hannover 96 eigentlich noch erstklassig ist, schlägt ganz schön weite Kreise. Während die Bundesligamannschaft des Vereins der 2. Liga entgegentaumelt, mehren sich auch im Amateurbereich die Zweifel daran, wie professionell der Verein als Ganzes aufgestellt ist. „Das Thema Nachwuchsarbeit hat bei Hannover 96 in den vergangenen Jahren nicht stattgefunden“, sagt sogar Martin Bader. Wie kommt der neue Geschäftsführer des Klubs zu dieser Kritik in vereinseigener Sache?

Drei Talente aus der U19-Mannschaft hatten Anfang des Jahres einen Raubüberfall auf ein Casino geplant. Was nach einer Dummheit klingt, wirft einen Schatten auf den gesamten Verein. Denn der muss sich eingestehen, dass er sich um vermeintliche Profis von morgen zu wenig kümmert.

„Gangster-Bubis“ – unter diesem Namen sorgten die drei Nachwuchsspieler bundesweit für negative Schlagzeilen. Obwohl sie ihren Plan noch gar nicht in die Tat umgesetzt hatten, waren sie von der Polizei erwischt worden. Mit falschen Autokennzeichen und Schreckschuss-Revolvern. Ihre Motive für die geplante Tat soll nun ein Gericht klären. Hannover 96 hat dem Trio einen Anwalt zur Verfügung gestellt, ihnen soziale Arbeitsstunden auferlegt und die Rückkehr in den Trainingsbetrieb erlaubt. Mitspielen dürfen sie vorerst nicht. „Sie haben dem Verein, ihrem Trainer und sich selbst geschadet. Aber wir wollen ihnen eine zweite Chance geben“, sagt Bader.

Rund 18 Millionen Euro investiert Hannover 96 in den Bau eines neuen Nachwuchsleistungszentrums, das bis 2017 fertiggestellt sein soll. Das klingt gut, repariert aber auch erhebliche Mängel. Denn der Verein hat im Rahmen eines Zertifizierungsverfahrens ganz offiziell bestätigt bekommen, wie mies er sich um seinen Nachwuchs bisher kümmert: Keine pädagogische Betreuung, keine Hilfe bei der Persönlichkeitsentwicklung, kein effizientes Scouting von Talenten mit sozialer Kompetenz.

Die drei U19-Spieler gehören längst zu jenem Kreis privilegierter Fußballer, die gutes Geld verdienen und wahrscheinlich viel zu früh sorgenfrei leben können. Sie sind – dummerweise erst nach ihrer Festnahme durch die Polizei – vom Verein über dessen Werte und Moralvorstellungen informiert worden.

Ob und wie auch immer der Fall vor Gericht endet: Spieler und Verein bekommen gleichermaßen einen Denkzettel verpasst. Damit das neue Nachwuchsleistungszentrum nicht nur ein schickes Haus, sondern auch eine sinnvolle Einrichtung ist, sucht Hannover 96 nach einem pädagogischen Leiter.

„Es stimmt leider alles, was uns zuletzt vorgeworfen worden ist“, sagt Bader. „Wir haben Nachholbedarf in allen Altersklassen.“ Er hofft darauf, dass 96-Präsident Martin Kind weiter in die eigene Nachwuchsarbeit investiert. Sollte die Bundesligamannschaft von 96 in Kürze wirklich absteigen, wird es wichtiger denn je sein, gute Talente auszubilden, die sich weit weg von Spielbanken und anderem Unsinn einen Platz im Profikader erkämpfen können. Oto