: Mal über, mal unter 50 Prozent
Niger Es zeichnet sich ein klarer Wahlsieg für Präsident Mahamadou Issoufou ab. Unklar ist nur, ob er nicht doch noch in die Stichwahl muss
Aus Niamey Katrin Gänsler
Das Warten zieht sich länger hin als erwartet, aber am Tag vier nach der Präsidentschaftswahl im westafrikanischen Niger steht mit ziemlicher Sicherheit fest, dass Präsident Mahamadou Issoufou im Amt bleiben dürfte. Nach Auszählung von 189 der 308 Wahlkreise kam Issoufou am Donnerstagnachmittag auf 49,8 Prozent. Davor hatte er stundenlang bei knapp über 50 Prozent gelegen. Ob es eine Stichwahl geben würde, blieb also unklar. Aber Issoufou liegt uneinholbar vor seinem wichtigsten Herausforderer Hama Amadou mit nur 15,3 Prozent.
Das zähe Auszählen hat in der Hauptstadt Niamey für Spekulationen, Gerüchte und Mutmaßungen gesorgt. Am Dienstagabend hieß es aus dem Regierungslager bereits, dass Issoufou im ersten Wahlgang gewonnen hätte. Verlässliche Zahlen dafür gab es aber keineswegs. Im Gegenteil: In diesen Stunden schwankte er nach den offiziell ausgezählten Wahlkreisen zwischen 35 und 40 Prozent, viel zu wenig für einen Sieg in der ersten Runde. Das Regierungsgetöse versetzte allerdings die Opposition, allen voran Hama Amadous „Nigrische Demokratiebewegung für eine Afrikanische Föderation“ (Moden-Fa Lumana Africa), in höchste Alarmbereitschaft.
„Wenn die jetzt auf die Straßen ziehen, dann werden wir das auch tun. Wir sind vorbereitet“, polterte am Abend ein Oppositionsaktivist vor dem strahlend blauen Kampagnenbüro.
Moden-Fa Lumana Africa mit ihrem Spitzenkandidaten Hama Amadou hat am meisten zu verlieren, denn er ist der Einzige mit Aussichten auf Einzug auf eine Stichwahl gegen den Amtsinhaber. Geholfen haben dürfte ihm die Tatsache, dass er seit dem 14. November 2015 in Haft sitzt. Vorgeworfen wird ihm der Handel mit Babys aus Nigeria. Ob da etwas dran ist oder ob Präsident Issoufou nur einen unliebsamen Konkurrenten aus dem Weg schaffen wollte, lässt sich bis heute schwer einschätzen.
Oppositionsaktivist in Niamey
Doch für den „politischen Gefangenen“ – dazu haben ihn seine Anhänger ernannt – hat es reichlich Mitleid und damit wohl auch Stimmen gegeben: „Es ist doch ungerecht, dass er im Gefängnis sitzt. Zumindest für die Wahl hätte man ihn freilassen sollen“, fand beispielsweise Ibrahim Moussa, ein junger Wähler, als er am Sonntag auf seine Stimmabgabe in Niamey wartete.
Wie der amtierende Präsident gehört Amadou seit Jahrzehnten zur politischen Klasse und war mal Opposition, mal Regierung. „Es geht nicht um die Frage nach dem besseren Präsidenten“, sagt Souley Adji, Politikwissenschaftler an der Universität Abdou Moumouni in Niamey, „sondern um die Frage der Glaubwürdigkeit“. Anders als viele Nachbarländer hat Niger eine Tradition der Stichwahl. „Wird jemand direkt im ersten Wahlgang gewählt, erweckt das den Eindruck, das Ergebnis sei erzwungen worden“, erklärt Adji.
Das Oppositionsbündnis COPA-2016 betont seit Dienstagnachmittag, die Resultate nicht anerkennen zu wollen. Vielleicht ahnte es schon, dass der Amtsinhaber die 50-Prozent-Marke knacken könnte. Darauf hatte Issoufous Lager im Wahlkampf stets hingearbeitet. COPA-2016 hatte schließlich schon vor längerer Zeit angekündigt, alle Kontrahenten Issoufous würden sich in der zweiten Runde um den Gegenkandidaten scharen.
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