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„Im Bereich des Irrationalen“

Solidarität Unterstützer des abgebrannten Golden Pudel Clubs demonstrieren heute auf St. Pauli

Foto: Dennis Poser
Sebastian Reier

38, veranstaltet seit vielen Jahren Konzerte im Pudel Club und legt dort auch als DJ Booty Carrell auf.

taz: Herr Reier, warum demonstrieren Sie für den Pudel Club?

Sebastian Reier: Das ist eine Solidaritätsbekundung und eine Form von Selbstermächtigung. Sie wurde von Freunden organisiert. Ein Zeichen, dass viele Menschen gewillt sind, Verantwortung für den Ort und die Idee des Pudels zu übernehmen.

Wofür steht dieser Ort?

Der Pudel ist ein Laden, in den jeder, der friedliche Absichten hat, reinkommt und in dem es ein tolles, wahnsinnig aufgeschlossenes Publikum gibt. Die Unterstützung ist unglaublich. Das gibt uns die Zuversicht, dass es weitergeht. Wir haben uns immer im Bereich des Irrationalen bewegt.

Das Motto der Demo lautet: „Unsere Ruine kriegt ihr nicht.“ Wer ist damit gemeint?

Das Statement halte ich für selbsterklärend. Es droht ja eine Teilungsversteigerung ...

Wie geht es nun weiter?

Es wird etwas dauern, bis man das weiß. Wir konzentrieren uns auf den Wiederaufbau und die Wiederaufnahme des Betriebs.

Ist das Comeback absehbar?

Noch gibt es viele offene Faktoren.

Steht die Zwangsversteigerung Ihren Ambitionen nicht im Wege?

Das müssen wir abwarten. Der Termin steht bis jetzt fest, aber eventuell muss ein neues Gutachten erstellt werden.

Was wäre das schlimmstmögliche Szenario für der Zwangsversteigerung?

Davon kann ich noch nicht sprechen. Wir fegen gerade alles zusammen und sprechen über den Geist des Pudels. Das Allerwichtigste ist, dass bei dem Brand keinem etwas passiert ist – und auch, dass keine unserer Ideen verloren gegangen ist.

Es gibt Spekulationen über einen Anschlag auf die benachbarte Behausung eines Lampedusa-Flüchtlings.

Wir gehen morgen auch für Kofi auf die Straße. Er leidet momentan am meisten an der Situation. Das ist ein Skandal.

Wünschen Sie sich ihn als Nachbarn zurück?

Wir hätten es lieber, er hätte ein Dach über den Kopf und könnte einen Beruf ausüben – und müsste nicht frierend in einem Zelt und vom Pfandsammeln leben.

Was passiert jetzt mit ihm?

Es wurde versucht, ihn abzuschieben, das wurde vereitelt. Nun wird er von einem Anwalt betreut. Daraus schließe ich, dass die Abschiebung droht. Ein Land, wo so etwas passiert, ist nicht das, in dem wir leben wollen. Interview: Anna Gröhn

Demo Unsere Ruine kriegt ihr nicht“: ab 20.30 Uhr, Vorplatz des Millerntor-Stadions

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