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„Als wäre alles im Land nur schlecht“

Tadel II Helmut Spahn entwirft Konzepte für Sicherheit in Katar. Über westliche Kritik

Helmut Spahn

54, ist Generaldirektor des International Centre for Sports Secu­rity (ICSS) in Katar. Zuvor war er unter anderem beim DFB als Sicherheitschef tätig.

taz: Herr Spahn, Theo Zwanziger hat die großen sportlichen Ambitionen Katars als „wucherndes Krebsgeschwür“ bezeichnet. Hat er recht?

Helmut Spahn: Die Äußerung ist mehr als unpassend.

Warum?

Jeder sollte offen sein für konstruktive Kritik, und ich denke, das sind die Kataris auch. In seiner Amtszeit als DFB-Präsident stand Herr Zwanziger für Werte wie Toleranz, Offenheit und Austausch. Der Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus stand ganz oben auf seiner Agenda. Deswegen wundert mich so eine pauschalisierte Aussage, die jeden Katari treffen muss, doch sehr.

Theo Zwanziger trifft freilich einen Nerv in der Debatte über Menschenrechtsverstöße in Katar.

Die Debatte wird auf recht negative Weise geführt. Vor allem die negative Berichterstattung über Katar wird wahrgenommen. Darüber hinaus wird relativ viel in einen Topf geworfen, ohne hinter die Kulissen zu schauen.

Was gäbe es denn da Ihrer Meinung nach zu sehen?

Bei der Unterbringung der Arbeitsmigranten hat sich einiges getan. Natürlich muss noch vieles angegangen werden, und was berichtet wird, ist auch nicht falsch, aber es entsteht der Eindruck, dass alles im ganzen Land nur schlecht wäre und jeder Arbeiter unter diesen Bedingungen lebt. Aber von den 1,8 Millionen Gastarbeitern sind mitnichten alle auf dem Bau beschäftigt, sondern die meisten arbeiten in Krankenhäusern, Banken, in der Dienstleistungsbranche, in Supermärkten.

Welche konkreten Fortschritte gibt es in Katar bei der Behandlung der Arbeitsmigranten?

Es ist eine neue Stadt für die Arbeiter entstanden mit Unterkünften für 70.000 Personen mit Sportmöglichkeiten und perfekten sanitären Ausstattungen, Klimaanlagen und so weiter. Natürlich ist damit das Gesamtproblem nicht gelöst. Das liegt aber auch in der Verantwortung der in Katar tätigen Unternehmen, auch der europäischen Unternehmen. Vieles läuft über Subkontrakte. Da versucht man, mit allen Mitteln Geld zu sparen. Hier muss man ansetzen. Verbessert haben sich auch die ­Bezahlungsmodalitäten für die Arbeiter. Das läuft jetzt alles über Banken, damit die Leute auch wirklich ihr Geld be­kommen. Es gibt eine schrittweise positive Entwicklung. Und, das ist ganz besonders wichtig, durch die WM ist Katar im Fokus, die WM ist eine Art Katalysator.

Dennoch rechnet der Interna­tio­nale Gewerkschaftsbund IGB mit 7.000 Todesfällen von Bauarbeitern bis 2022.

Zu dieser Zahl kann ich nichts sagen. Man will hier offensichtlich bestimmte Reize ­wecken: Wegen der WM sterben Menschen in diesem Land! Da geht es im Übrigen nicht nur um WM-Baustellen, sondern um die komplette Infrastruktur. Das Land verzeichnet ja generell einen Bauboom, der nicht unmittelbar mit der WM zu tun hat.

Wie kommt die Kritik aus dem Westen in Katar an?

Die Kritik wird generell schon positiv aufgenommen. Was es den Reformkräften wirklich schwer macht, ist die pauschalisierte Kritik. Das ist immer wieder Wasser auf die Mühlen derjenigen, die nicht so reformfreudig sind. Die sagen dann: Egal, was wir machen, es ist immer alles falsch. Das kann ein Hemmnis sein.

Interview Markus Völker

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