: „Inbegriff des Liebespaares“
VORTRAG Der Kunstpädagoge Kirmis spricht über die Beziehung George Sands mit Frédéric Chopin
60, Kunstpädagoge und Begleiter für Musik- und Literaturreisen. Seine Reisebüros sind in Osnabrück und Bremen.
taz: Herr Kirmis, was macht die Liebesgeschichte von George Sand und Frédéric Chopin so merkwürdig?
Klaus Kirmis: Die beiden waren völlig unterschiedlich. George Sand war älter als er, eine emanzipierte Powerfrau, die Männerkleidung trug und rauchte. Sie war die Femme fatale der Pariser Kulturszene der 30er-Jahre des 19.Jahrhunderts. In ihren erfolgreichen Büchern schrieb sie über die Emanzipation der Frau und hatte vor Chopin eine lange Reihe abgelegter Liebhaber.
Sie war Sozialistin und Feministin?
Genau. Als eine der ersten hat sie den Begriff des Kommunismus geprägt.
Und Chopin?
Er war eher verklemmt, stramm katholisch erzogen worden und politisch eher konservativ, fast monarchistisch. Er spielte dem König vor, den George Sand kurze Zeit später, 1848, bekämpfte. Es hätte extremer nicht sein können.
Sand und Chopin waren fast neun Jahre zusammen. Wie funktionierte das?
Die gemeinsame Liebe zur Musik brachte sie zusammen. Sand verehrte Chopin als genialen Komponisten. Er hingegen war eher emotionaler Autist, der auf sich selbst fixiert war.
Wie passte so eine Beziehung zur emanzipierten Sand?
Als avantgardistische Salon-Dame schmückte sie sich auch mit Chopin. Später wurde die Beziehung zu einer symbiotischen Mutter-Kind-Beziehung.
Inwiefern?
Sand kümmerte sich immer mehr wie eine Krankenschwester um Chopin, der schwer an Tuberkulose erkrankte. Auch die Erotik wurde nach und nach ausgeklammert. Sie galten als Inbegriff des Liebespaares im Zeitalter der Romantik – doch ihre Beziehung endete schließlich tragisch, in Zank und Schlägerei. Interview:jpb
19 Uhr, Institut Francais, Contrescarpe 19
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen