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„Bernie“-Sticker für alle

Demokraten Für Hillary Clinton werden die Vorwahlen in New Hampshire zum Desaster: Bernie Sanders liegt deutlich vorn. Nun muss er sich der breiten Masse stellen und weitere Zielgruppen erschließen

AnhängerInnen während Sanders’ Siegesrede in Concord, New Hampshire Foto: Ryan McBride/UPI/laif

Aus Concord Rieke Havertz

Als Hillary Clinton ihre Niederlage gegen Bernie Sanders bei der Vorwahl in New Hampshire schon eingestanden und öffentlich via Twitter gratuliert hat, tönt auf ihrer Wahlparty noch Pharrell Williams’ „Happy“ aus den Lautsprechern. Glücklich aber kann Clinton an diesem Abend wahrlich nicht sein. Zwar hatten alle Umfragen darauf hingedeutet, dass die frühere Außenministerin nach ihrem knappen Sieg beim Caucus in Iowa bei der ersten Vorwahl in dem kleinen Bundesstaat in Neuengland am Dienstag kaum etwas zu gewinnen haben würde. Doch es wurde keine ­Niederlage. Es wurde ein Desaster.

Der linke Sanders, der sich selbst immer wieder als „demokratischer Sozialist“ bezeichnet und seine Kampagne vor allem auf den Kampf gegen die Wall Street, großes Geld und ein korruptes Wahlspendensystem aufbaut, siegte mit 60 Prozent, Clinton bekam 38,4 Prozent.

Sanders schlägt Clinton dabei in so ziemlich jeder Kategorie: Erneut überzeugt er laut einer CNN-Umfrage die jungen WählerInnen mit weitem Vorsprung. Er hat die Progressiven auf seiner Seite, aber auch die Moderaten. Die Verheirateten und die Unverheirateten. Bei den als unabhängig registrierten Wählern liegt er ebenfalls vorn. Und selbst bei den Frauen schlägt er Clinton. „Das ist der Beginn einer politischen Revolution“, ruft Sanders seinen Anhängern bei seiner Wahlparty zu. „Diese Begeisterung ist es, die die Demokratische Partei braucht, um im November zu gewinnen.“

Noch nie hatten sich mehr Menschen an der Primary in New Hampshire beteiligt als dieses Jahr, die Wahlbeteiligung lag bei rund 60 Prozent. Bei den Demokraten profitiert Sanders von dieser Bereitschaft der Bürger, sich politisch zu engagieren. Die Begeisterung ist während des ganzen Wahltags spürbar. In einem Café in Concord spielen Musiker ein Solidaritätskonzert für Sanders – kaum ein Gast ist dort, der nicht einen „Bernie“-Sticker trägt.

„Das ist der Beginn einer politischen Revolution“

Sanders bei seiner Wahlparty

Sanders wird von einer Bewegung getragen, die ihn nicht nur für seine für US-Verhältnisse linken Ideen wie einer Steuer auf Börsenspekulationen, Abschaffung der Studiengebühren und einem Mindestlohn von 15 US-Dollar schätzt, sondern für seine Aufrichtigkeit. „Die Menschen wollen eine Veränderung“, sagt Sanders in seiner Siegesrede, und seine Zuhörer jubeln.

South Carolina und Nevada sind die nächsten Stationen im Vorwahlkampf. Eigentlich rechnet sich das Clinton-Lager in diesen Staaten größere Chancen aus, da die Bevölkerung vielfältiger ist als in New Hampshire. Unter Latinos und Afroamerikanern hat Clinton viele Anhänger. Doch in New Hampshire hat Clinton nur bei einer Gruppe von Wählern deutlich punkten können: bei denjenigen, die sich einen „wählbaren Kandidaten wünschen“. Sie weiß, das allein reicht nicht, und räumt ein: „Ich habe einiges an Arbeit vor mir.“ Eine Clinton gibt nicht auf, es wäre viel zu früh in einem langen Auswahlprozess.

Aber sie steht unter Druck, ihre Botschaft und Kampagne den neuen Verhältnissen anzupassen. Für Sanders wiederum geht es nun darum, sich nach dem Sieg einer breiten Masse zu stellen und weiteren Zielgruppen zu nähern. Er vergeudet keine Zeit: Am Tag nach seinem Sieg traf er in den New York bereits den schwarzen Bürgerrechtler Al Sharpton. Und trat abends in Stephen Colberts Late-Night-Talkshow auf. Es wird nicht seine letzte sein.

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