: "Wir sind auf der Suche"
GESPRÄCH Helga Trüpel lädt zur Diskussion um Verschweigen und Wahrheit in der Politik
sitzt für die Grünen im Europäischen Parlament und war in Bremen Kultursenatorin
taz: Frau Trüpel, wann haben Sie als Politikerin zuletzt die Wahrheit verschwiegen - und, gegebenenfalls, warum?
Helga Trüpel: Ich kann mich jetzt nicht konkret erinnern, das getan zu haben.
Aber Sie laden heute Abend zu einer Diskussion ein, die genau diesen Titel hat: „Sagt uns die Wahrheit! Was die Politiker verschweigen und warum“.
Das ist ein Zitat des Politikressort-Chefs der Zeit, Bernd Ulrich, mit der er seine grundlegende Kritik an der politischen Klasse der Bundesrepublik pointiert auf den Punkt gebracht hat. Ich habe ihn eingeladen, weil ich seine Fragestellungen spannend finde: Gibt es eine gefährliche Verdrängung der politischen Wirklichkeit? Erzeugen die ungelösten Großkrisen der Gegenwart nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei den Politikern Ängste, die zu Realitätsverdrängungen führen?
Und sehen Sie das so?
Darüber möchte ich diskutieren! Auf jeden Fall verlangen die gegenwärtigen Krisen andere Antworten als früher. Wir befinden uns in einer Suchbewegung. Putins Politik zum Beispiel muss anders bewertet werden als noch vor drei Jahren, auch die zugespitzte Situation in Syrien hat viel mit Putins Agieren zu tun. Oder schauen wir nach China: Dort ist ebenfalls eine neue Machtpolitik zu beobachten.
Gibt es die dort nicht schon seit Kaisers Zeiten?
Die chinesische Außenpolitik hat lange behauptet, eine sachorientierte Friedenspolitik zu sein. Angesichts des chinesischen Auftretens etwa im südchinesischen Meer habe ich da meine Zweifel.
Zurück zu den hiesigen Politikern: Teilen Sie Ulrichs Urteil, deutsche Politiker hätten sich „nie so sehr vor der Wahrheit gedrückt“ wie heute?
Es gibt sicher Probleme, die Politiker in Regierungsverantwortung nicht so schnell ansprechen, obwohl sie sie kennen.
Sie unterscheiden zwischen Politikern der Exekutive und der Legislative, zu der Sie gehören?
Da gibt es in der Tat gewisse Unterschiede. Ich zum Beispiel muss das Weltgeschehen nicht immer unmittelbar kommentieren.
Sind Sie denn dann mit Ihrem Gesprächspartner heute Abend vermutlich eher einer Meinung oder gibt es Streit?
Ich glaube schon, dass wir einiges ähnlich sehen. Aber vor allem bin ich auch gespannt, welche Meinungen aus dem Publikum heraus artikuliert werden.
Interview:Henning Bleyl
19.30 Uhr, EuropaPunktBremen (Haus der Bürgerschaft)
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