: Spekulationen und Eskalationen
Podium In Leipzig debattieren Journalisten und Historiker über die jüngsten Naziattacken in Connewitz
Am Tisch herrschte Einigkeit darüber, dass es ein organisierter Angriff war. Dahinter stünden ähnliche rechte Strukturen, die bereits in den 90er Jahren die rechten Angriffe auf Connewitz trugen. Die Motive für Gewalt seien ebenso gleich geblieben. Es ginge den Nazis darum, „als verlängerter Arm des Volkswillens“ die in Connewitz vorherrschende linke Lebensform „auszuradieren“, so Lange. Auch Stange meint, rechte Gewalt habe durch Pegida et altera Rückenwind erhalten, sei nun der militante Arm dieser Gruppe. Der Angriff sei deshalb als Folge in einer Serie rechter Gewalt zu sehen, als Teil eines bundesweiten strukturellen Problems.
Folgt nun eine Gewaltspirale zwischen rechts und links? Das Vertrauen linker Gruppen in die Polizei jedenfalls schwindet wohl. Stange spricht von gehäuften Berichten über Polizeigewalt, ungezielten Einsätzen von Tränengas bei Demos, unaufgeklärten Fällen und Gerüchten über Kontakte von Polizisten in die rechte Szene. Auch dass die Polizei bei Demonstrationen von Legida kaum auf den Verstoß gegen das Pyrotechnik- und Vermummungsverbot reagiere, linke Versammlungen deswegen aber regelmäßig aufgelöst werden, fördere den Eindruck von Parteilichkeit, fuhr Stange fort. Auch die Langsamkeit der Justiz destabilisiere das Vertrauen, fügte Haug hinzu.
Unklar ist, wieso sich die Nazis bei den Angriffen so widerstandslos abführen ließen. Spekuliert wird, sie hätten gewusst, dass ihnen im Schutz der Gruppe keine schwerwiegenden juristischen Konsequenzen drohten. Die Gefahren liegen auf der Hand: Wo Menschen nicht das Gefühl haben, ausreichend geschützt zu sein, greifen sie selbst zu Maßnahmen, um sich zu schützen, so Stange. Bislang blieben gewalttätige Reaktionen aus der linken Szene jedoch die Ausnahme. Tabea Köbler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen