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Ex-Friesenhof-Mitarbeiter sagt aus

Untersuchung Zeugen schildern Missstände im geschlossenen Friesenhof-Heim: Demnach gab es kaum Freizeitbeschäftigung und viele ungelernte Betreuer

Ehemalige Mitarbeiter der geschlossenen Friesenhof-Einrichtung Campina haben im Untersuchungsausschuss des Landtages (PUA) Missstände in dem Mädchenheim geschildert. Unter anderem habe es keine Möglichkeiten zur individuellen Freizeitgestaltung oder zu Ausflügen gegeben, sagte einer der früheren Angestellten.

Zudem habe er den Eindruck gehabt, dass auf pädagogische Qualifikation des Personals seitens der Leitung nicht viel Wert gelegt worden sei. Es habe dreieinhalb Stellen für Fachkräfte gegeben und vier bis fünf ungelernte Mitarbeiter. Nach kurzer Zeit als Nachtwächter sei er – als Handwerker – wegen Personalmangels in den Tagdienst versetzt worden. Dort habe er auch Mädchen betreut. Über den persönlichen Hintergrund der Heimbewohnerinnen sei ihm nichts gesagt worden.

Eine Fortbildung sei ihm von der Geschäftsleitung abgeschlagen worden, sagte der Mann. Die Mitarbeiter hätten ihn über die Mädchen und die Einrichtung informiert. Seine Frau, eine staatlich geprüfte Erzieherin, habe wenig später auch in dem Heim angefangen. Dort habe sie gleich die Heimleitung übernehmen sollen, wie die als Zeugin geladene Frau im PUA sagte. Sie kritisierte, dass ihr selbst auf Nachfrage nie ein pädagogisches Konzept ausgehändigt worden sei. Die Kinder hätten tagsüber nie in ihre Zimmer gedurft, schilderte das Ehepaar. Das umzäunte Gelände hätten die Mädchen nicht allein verlassen dürfen. Ausflüge mit den Kindern seien aus Kostengründen untersagt worden. Auch therapeutische Maßnahmen, etwa ein Anti-Aggressions-Training, habe gefehlt. „Soweit ich weiß, war kein Betreuer für so etwas ausgebildet“, so der Zeuge.

Der Mann hatte sich ab 2013 an das Landesjugendamt gewandt. Zwölf Mal habe er die Heimaufsicht kontaktiert. Erst im Juni 2015 waren die Heime geschlossen worden. Gegen einige Mitarbeiter laufen noch Ermittlungsverfahren.  (dpa)

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