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AfD schießt gegen Flüchtlinge

AfD Parteichefin Frauke Petry fordert, Bundespolizisten sollten auf illegal einreisende Flüchtlinge schießen. Ewig gestrig? Das Wahlprogramm offenbart noch mehr

Frauke Petry weiß, wie sie provozieren kann Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Aus Berlin Christina Schmidt

Ein kurzer Nebensatz Frauke Petrys sorgte dafür, dass sich am vergangenen Wochenende alles um die AfD drehte. „Die hässliche Fratze der AfD“ sei nun offenbart, sagte Katrin Göhring-Eckhardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. „Inhuman, verroht und antidemokratisch“, sagte Jan Korte, Fraktionsvize der Linken. Was war passiert?

In einem Interview mit dem Mannheimer Morgen hatte Petry erklärt, wie sie sich eine Grenzsicherung praktisch vorstellt: Bundespolizisten müssten „notfalls auch von der Schusswaffe Gebrauch machen“. Schießen auf illegal Einreisende, ihre „Ultima Ratio“.

Fast wortgleich hatte ihr Lebensgefährte Marcus Pretzell, der nordrhein-westfälische Landeschef der AfD, den Gebrauch von Schusswaffen bereits im November gefordert. Seit Langem wiederholt die Partei, deutsche Grenzen sollten intensiv kontrolliert werden. Mit Zäunen beispielsweise, sagte Petry, „schauen Sie mal nach Spanien. Die haben auch hohe Zäune.“ Parteikollegin Beatrix von Storch äußert sich bestimmter: „Wollt ihr etwa Frauen mit Kindern an der grünen Wiese den Zutritt mit Waffengewalt verhindern?“, hatte jemand auf ihrer Facebook-Seite gefragt. Von Storchs Antwort: „Ja“.

Rechtlich sei das nicht gedeckt, urteilt Jörg Radecke, Vizevorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. „Waffen dürfen nur zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr eingesetzt werden. Die illegale Einreise von Flüchtlingen zählt dazu nicht“, sagte er dem MDR.

Wie sollen die Parteien jetzt mit der AfD umgehen? Sich selbst demaskieren lassen oder bekämpfen? „Für mich gehört die AfD in den Verfassungsschutzbericht und nicht ins Fernsehen“, sagt SPD-Chef Sigmar Gabriel dazu.

Bei potenziellen Wählern kommt die harte Linie an, alle Umfragen legen nahe, dass sie auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in die Landtage einziehen wird.

Wer in das aktuelle Wahlprogramm der AfD für Baden-Württemberg schaut, blickt Jahrzehnte zurück, auf ein veraltetes Gesellschaftsbild. Mutter-Vater-Kind als Rollenvorbild wird bekräftigt. Die Partei schreibt, „die Mutter und Hausfrau“, nicht aber der Vater und Hausmann, verdiene Wertschätzung für die Erziehungsarbeit. Moderne Vielfalt soll in Medien und Bildungsarbeit weniger stattfinden: „Die AfD will auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einwirken und auch im Bildungsbereich Anstrengungen unternehmen, damit Ehe und Familie positiv dargestellt werden.“

Eine „Willkommenskultur für Kinder“ will die AfD: weniger Abtreibungen

Von einer „Willkommenskultur für Kinder“ schreibt die AfD und meint damit, die Zahl der Abtreibungen zu reduzieren – was wiederum den Rückgang der Geburtenzahlen stabilisieren und den demografischen Wandel aufhalten würde. Und sogar der Fachkräftemangel ließe sich aus Sicht der AfD damit beheben – ohne „diese Lücke durch Zuwanderer kompensieren“ zu müssen.

Gegen Flüchtlinge mobilisiert die AfD genauso wie gegen Gleichstellungsbeauftragte und erneuerbare Energien. Ob der CO2-Ausstoß das Klima beeinflusse, sei nicht bewiesen, Einsparungen und die Energiewende seien eine „Gefährdung unserer Energiesicherheit“.

Die AfD möchte einen Tag des Heimatschutzes einführen und Lehrer auffordern, Disziplin bei Schülern durchzusetzen. Sie schreibt von rot-grüner Indoktrination und staatlicher Propaganda. Dazu passt die Äußerung des CDU-Generalsekretärs Peter Tauber, die AfD sei eine „Ansammlung frustrierter Ewiggestriger“.

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