Handball-Torwart Andreas Wolff: Ein Typ, der Angst macht

Andreas Wolff hält beim knappen Sieg gegen Schweden überragend. Er zwingt Gegner zum Nachdenken. Am Mittwoch kommen sie aus Slowenien.

Ein Handballer wirft auf ein Tor, darin steht ein Torhüter und breitet die Arme aus.

Wenn das Tor immer kleiner wird: Andreas Wolff im Duell mit Jonas Jerebko. Foto: imago/Camera

BRESLAU taz | Bob Hanning stand in den Katakomben der Jahrhunderthalle in Breslau mit seiner Meinung ziemlich allein, als er nach dem Spiel über Andreas Wolff sprach. „Mir reichen zwei gute Spiele noch nicht, um von Weltklasse zu sprechen“, sagte der Vizepräsident des deutschen Handballbundes (DHB). Der Mann, der sonst oft und gern in Superlativen spricht, war bemüht, den Torhüter nicht zu groß zu machen.

Das erledigten dafür andere. Kapitän Steffen Weinhold vom THW Kiel war gar nicht überrascht vom Tun des Torhüters: „Für mich war das nicht außergewöhnlich, denn ich sehe ihn ja im Training und bin froh, dass er im Sommer in Kiel ist.“ Kreisläufer Erik Schmidt schwärmte: „Heute war er Weltklasse. Gib ihm zwei Jahre, dann ist er Weltspitze.“

Dank Wolff konnten die Deutschen Schweden mit 27:26 bei ihrem zweiten EM-Auftritt in Polen bezwingen. Und sie schufen damit eine wichtige Grundlage, um ein erfolgreiches Turnier zu spielen. Hernach standen vor allem die enorme Steigerung der gesamten Mannschaft nach der Pause und Andreas Wolff, der Torwart der HSG Wetzlar im Blickpunkt.

Es waren nicht die 15 Paraden allein, mit denen Wolff die Wende und den Sieg gegen die Schweden sicherte, die einen bleibenden Eindruck hinterließen. Gute Tage haben alle Torhüter von Zeit zu Zeit, die bei einer EM im Einsatz sind. Wolff stellte auf dem Feld etwas dar. Er trat den gegnerischen Spielern mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein in den Weg.

Der Glaube an den Sieg

Das Duell zwischen Angreifer und Torwart ist Psychologie und Wolff ein Typ, der seinen Gegenüber zum Nachdenken zwingt. Aktuell gibt es mit dem Spanier Arpad Sterbik und dem Franzosen Thierry Omeyer zwei Torhüter auf der Welt, die Angst bei den Angreifern hervorrufen können – und Wolff ist auf dem Weg dahin.

Gegen Schweden gab der Torhüter seiner Mannschaft den Glauben an den Sieg zurück, nachdem seine Vorderleute 30 Minuten lang fahrig, ängstlich und fehlerbehaftet der zweiten Niederlage im zweiten Gruppenspiel nach dem 29:32 gegen Spanien entgegentaumelten. Mit 13:17 lag man zur Pause schon zurück. Ohne Wolff hätte es noch schlechter um das junge deutsche Team gestanden.

Eine Umstellung der Abwehr, die fortan in einer 4:2-Formation offensiver agierte, sorgte für den Umschwung. „Du gewinnst dann einen Zweikampf, dann noch einen und plötzlich bist du richtig drin im Spiel“, sagte Finn Lemke. Der 2,10-Meter große junge Abwehrchef der DHB-Auswahl stand sinnbildlich für etwas, was Hanning später so umschrieb: „Wenn du ein Bad Boy sein willst, musst du das Röckchen ausziehen und Gas geben.“ Bundestrainer Dagur Sigurdsson lobte Lemkes Vorstellung bei dessen erstem Auftritt bei einem großen Turnier: „Finn war überragend.“

Vor der Halbzeitbesprechung entschied das Trainerteam nach einer Idee der Assistenten, die Abwehr neu zu formieren. „Das war spontan, hat aber gut gegriffen“, erklärte Sigurdsson nach der Partie. Einstudiert war die Variante nicht, allein der Wille der Spieler und die schnelle Auffassungsgabe sorgten dafür, dass es funktionierte.

Ein Remis reicht

Gegen Slowenien werden die Deutschen am Mittwoch (17.15 Uhr, live im ZDF) eine ähnlich herausragende Leistung wie in der zweiten Hälfte gegen Schweden benötigen, um den letzten Schritt in Richtung der EM-Hauptrunde zu gehen. Bei einem Sieg ist das Weiterkommen ebenso gesichert wie bei einem Remis. Bei einer Niederlage müsste Deutschland hoffen, dass Schweden anschließend gegen Spanien verliert. Allerdings wären dann die weiteren Turnier-Aussichten schlecht, weil die Sigurdsson-Schützlinge mit null Punkte in die zweite Gruppenphase starten würden.

„Die Gruppe ist sehr eng, es wird wahrscheinlich spannend bis zur letzten Sekunde“, sagte der Bundestrainer gestern mit Blick auf das Duell gegen die Slowenen. Diese hatten den Gruppenfavoriten Spanien mit einer aggressiven Abwehr beim 24:24 arg in Verlegenheit gebracht. Die Slowenen sorgen mit einem ständigen Wechsel der Systeme für Chaos beim Gegner, ganz ähnlich dem deutschen Ansatz in der zweiten Halbzeit gegen Schweden.

Gegen die unangenehmen Slowenien müssen die Deutschen Feldspieler unter Beweis stellen, dass sie dauerhaft auf Topniveau agieren können, Andreas Wolff auch.

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