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„Der Stress ist riesig“

Pflege Krankenschwestern berichten von ihrer Überlastung und fordern mehr Pflegepersonal

Meike Saerbeck

37, ist Krankenschwester und Vertrauensfrau in der Klinik St. Georg sowie Mitglied der Tarifkommission bei Ver.di.

taz: Frau Saerbeck, wie viele Patienten müssen Sie gleichzeitig betreuen?

Meike Saerbeck: Als Kranken- und Pflegeschwester auf der Intensivstation sind es in der Regel drei Patienten, um die ich mich kümmern muss. Manchmal jedoch sind es aber auch vier, ganz selten sogar fünf Patienten gleichzeitig.

Wie viele wären denn optimal?

Laut deutschen und internationalen Richtlinien sind zwei Patienten für eine Pflegekraft angemessen und auch allgemein akzeptiert.

Was bedeutet diese Mehrbelastung für Sie?

Der Stress ist mitunter riesig, aber nicht nur auf der Intensivstation! Man muss sich um viele Dinge gleichzeitig kümmern. Die Pflegekräfte müssen ständig vom einen zum nächsten Patienten eilen, die jeweiligen Medikamente noch nebenbei heraussuchen und für die Fragen der Patienten zur Verfügung stehen. Da vergisst man dann schnell mal, einem Patienten die Bettpfanne zu wechseln.

Im Frühjahr stehen Tarifverhandlungen an. Wird es dann auch um die von Ihnen geforderte Minimierung von Patienten pro Pflegekraft gehen?

In erster Linie nicht. Unsere Forderung läuft parallel zu den Tarifverhandlungen, aber wir wollen dieses Thema immer weiter publik machen. Das soll weiterhin unabhängig voneinander bleiben, sodass die Tarifverhandlungen zufriedenstellend geführt werden können.

Vor einigen Wochen kündigte Ihr Arbeitgeber Asklepios an, künftig bis zu zehn Millionen Euro pro Jahr einsparen zu wollen. Ist Ihre Forderung nicht eigentlich hoffnungslos?

Asklepios muss als Firma profitabel wirtschaften. Daran können wir zunächst nichts ändern. Dies kann aber weder zulasten der Pflegekräfte noch der Patienten geschehen. Die Verhandlungen zwischen Ver.di und der Berliner Charité um mehr Personal, die sich gut entwickeln, stimmen mich optimistisch.

Wäre Streik sonst eine Option?

Wir wollen im Laufe des Jahres zu Fortschritten kommen und für unsere Forderungen kämpfen. Von daher kann man natürlich sagen: Ja, der Streik ist grundsätzlich eine Option.

INTERVIEW: André Zuschlag

„Wir wollen einfach nicht mehr zusehen, wie wir und unsere Patienten kaputtgehen“: 18.30 Uhr, Curiohaus, Rothenbaum­chaussee 13

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