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Sacharow-Preis für Raif Badawi„Ein außergewöhnlich mutiger Mann“

Der saudische Blogger ist weiterhin in Saudi-Arabien inhaftiert. Dort sind 2015 schon mindestens 151 Menschen hingerichtet worden.

Demonstration für Raif Badawi in London. Foto: dpa

Berlin taz | Am Donnerstag zeichneten die Abgeordneten des Europaparlaments den in Saudi-Arabien inhaftierten Blogger Raif Badawi mit dem renommierten Sacharow-Preis aus. Der Menschenrechtspreis ist mit 50.000 Euro dotiert. Badawis Frau Ensaf Haidar, die mit den gemeinsamen Kindern in Kanada lebt, nahm den Preis stellvertretend entgegen. Badawi selbst befindet sich derzeit im Gefängnis im Hungerstreik.

Damit werde ein „außergewöhnlich mutiger und vorbildlicher Mann geehrt“, sagte Parlamentspräsident Martin Schulz bei der Bekanntgabe des diesjährigen Preisträgers. Gegen den 31jährigen Blogger sei eine der „grausamsten Strafen“ verhängt woren, die einer „permanenten Folter“ gleichkomme, fügte Schulz hinzu. Für viele sei er „ein Held geworden“, weil er sich in er digitalen Welt für die Grundrechte einsetze.

Ein Gericht hatte Badawi am 8. Mai 2014 wegen „Beleidigung des Islam“ zu zehn Jahren Haft und 1.000 Peitschenhieben – 50 pro Woche – verurteilt. Badawi wurde am 8. Januar dieses Jahres ausgepeitscht; die weiteren Körperstrafen wurden nach internationalen Protesten bislang ausgesetzt

Der Mitbegründer einer liberalen saudischen Website war bereits 2012 festgenommen worden. Seither steht sein Blog nicht mehr online. Badawi nahm kein Blatt vor den Mund. „Sobald ein Denker seine Ideen offenlegt, wird er mit Hunderten von Fatwas konfrontiert, nur weil er es gewagt hat, ein geheiligtes Thema aufzugreifen. Ich fürchte, arabische Denker werden auswandern auf der Suche nach frischer Luft und um dem Schwert der religiösen Autoritäten zu entkommen,“ hieß es in einem seiner Einträge.

Tod wegen „Gottesleugnung“

Ein anderer Aufsehen erregender Fall in Saudi-Arabien betrifft den 35-jährigen palästinensischen Dichter Ashraf Fayadh. Er wurde am 17. November dieses Jahres wegen „Gottesleugnung“ zum Tode verurteilt. Die Behörden werfen ihm vor, während einer Diskussion und in einem seiner Bücher blasphemische Äußerungen gemacht zu haben.

„Egal, was Fayadh gesagt, oder nicht gesagt hat, Saudi-Arabien sollte damit aufhören, Personen wegen ihrer persönlichen Ansichten festzunehmen,“ sagte Sarah Leah Whitson, bei Human Rigths Watch zuständig für den Nahen Osten, anlässlich des Urteils. „Die Tatsache, dass Ashraf Fayadh droht, geköpft zu werden, verstärkt nur die Abscheulichkeit dieses Gerichtsurteils“.

Nach Informationen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurden in diesem Jahr in Saudi-Arabien bislang mindestens 151 Personen hingerichtet. Dies ist die höchste Zahl seit 1995. Damit wurde 2015 statistisch gesehen an jedem zweiten Tag eine Person exekutiert. „Die saudischen Behörden haben offenbar die Absicht, eine blutige Hinrichtungsorgie fortzusetzen,“ kommentiert James Lynch, Stellvertretender Leiter des des Amnesty-Programms für den Nahen Osten und Nordafrika.

Die Todesstrafe steht in Saudi-Arabien nicht nur auf Kapitalverbrechen. Drogendelikten, Gottesleugnung, Ehebruch, bewaffneter Raub, Vergewaltigung und Hexerei können ebenfalls mit dem Tod bestraft werden. Selbst Minderjährige sind davon nicht ausgenommen.

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2 Kommentare

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  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Dieser Beitrag schreibe ich als Atheist.

    Der Artikel zeigt wider europäische arrogant. Erst mal Saudi Arabien ist von USA und von Europa unterstützt. Mit anderen Worten, die Amerikaner und Europäer haben dieses System, das jetzt kritisieren selbst geschafft. Es wäre eine Einbildung, wenn jemand behauptet in Deutschland herrschende Elite nimmt auf die Untertanen Rücksicht. Das gilt auch für die Königsfamilie in Saudi Arabien.

    Die Leute in Saudi Arabien, die den Gott beleugnen oder Islam beleidigen, haben mit der Realität des Landes nicht zu tun. Die Religion macht keine Gesetze und Religion beurteilt auch niemandem zu Tode. Dafür brauche ich nicht die Religion zu beschimpfen. Religion ist ein Werkzeug um Ziel zu erreichen. Die Technologie kann ich für einen guten Zweck benutzen aber die gleiche Technologie für Waffensysteme benutzen, die Millionen umbringen. Da ist aber nicht der Technologie schuld dran. Der Jenige, der Technologie benutzt ist schuld dran. Es ist etwa so: ich bin auf meinen Vater sauer aber dafür schimpfe ich auf den jüngeren Bruder. Genau das machen die beide Herren.

    „Egal, was Fayadh gesagt, oder nicht gesagt hat, Saudi-Arabien sollte damit aufhören, Personen wegen ihrer persönlichen Ansichten festzunehmen,“ sagte Sarah Leah Whitson, bei Human Rigths Watch zuständig für den Nahen Osten, anlässlich des Urteils. „

    Glaubt jemand ernsthaft, dass der Saudi arabischen König interessiert, was die arrogante Europäer von Human Rigths Watch denken und sagen. Es geht dem König am Arsch vorbei. Mit Bescheidenheit, was dem Westen fehlt, erreicht man viel mehr als auf den Tisch zu hauen. Vor allem, wenn man vornerein weist, dass die Europäer in den moslemischen Ländern nicht beliebt sind.

    Ich kann nur hoffen, dass es alles für den beiden Herrn gut ausgeht.

  • ..und da meint The Independent - Großbritannien gestern tatsächlich -

    "IS-Kalifat als Staat anerkennen.

    Eine Eingliederung des von IS-Kämpfern ausgerufenen "Kalifats" in Syrien und im Irak ins internationale diplomatische System würde die Islamisten dazu zwingen, weniger brutal vorzugehen.."

     

    Ist es wirklich ein humaner Fortschritt, einer Verbrecherbande zur Legalisierung ihrer Taten noch die Werkzeuge in die Hand zu drücken, um ihnen nachträglich einen Anstrich von Rechtmäßigkeit zu verleihen? Und das angesichts der nicht weniger abscheulichen Taten eines Unterstützer-Staates, der sich allenfalls rühmen kann, weniger und weniger grausam zu töten als der IS.

     

    Ach ja, ich vergaß, wir wollen ja unsere Geschäftspartner dort nicht verprellen. Wahrhaftig - kein Ruhmesblatt; auch nicht für den Westen.