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„Zerzauste Tiere sind beliebt“

Altruismus Ehrenamt im Tierheim heißt nicht nur Gassigehen, sondern auch Katzen-Lesestündchen

Foto: privat
Sven Fraaß

35, der Biologe hat über die Zähne von Araberpferden geforscht und ist Sprecher des Tierheims Süderstraße

taz: Herr Fraaß, warum sollte man ehrenamtlich ein fremdes Tier betreuen? Da kann man keine Beziehung aufbauen.

Sven Fraaß: Viele unserer rund 100 aktiven Ehrenamtler tun es aus Altruismus. Abgesehen davon kann man beim Gassigehen durchaus mit einem Hund Kontakt aufnehmen. Da entsteht schnell Vertrautheit und man bekommt viel Dankbarkeit zurück.

Und was kann man für Katzen tun?

Man kann ihnen vorlesen.

Im Ernst?

Ja. Unsere Vorleserinnen setzen sich mit mehreren Katzen in einen Raum und lesen. Einige sagen, Krimis seien am beliebtesten. Ich glaube, man könnte auch das Telefonbuch vorlesen. Wichtig ist, ruhig bei den oft traumatisierten Tieren zu sitzen und zu zeigen, dass nicht alle Menschen gefährlich sind. Das trägt – wie das Gassigehen – dazu bei, dass die Tiere zugänglicher und letztlich leichter vermittelbar sind.

Andererseits ist Ehrenamt unverbindlich. Der Hund weiß also nie, ob er auch nächste Woche um diese Zeit Gassi geht.

Natürlich wären feste Rhythmen besser, aber wenn wir die verpflichtend vorgäben, würden wir viele abschrecken. Wir setzen deshalb allgemeine Gassi-Termine und schauen, wie viele Ehrenamtler kommen.

Betreuen Ehrenamtler eigentlich am liebsten niedliche Tiere?

Überraschenderweise nicht. Ältere, zerzauste Tiere sind besonders beliebt. Vermutlich, weil viele Ehrenamtler schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht haben und in den Tieren Leidensgenossen sehen.

Was können ehrenamtliche Helfer bei Ihnen denn noch tun?

Wildtiere aufziehen helfen – Eichhorn-, Marder-, Kaninchen-, Taubenbabies. Das ist besonders bei Berufstätigen beliebt, weil es abends und am Wochenende stattfindet. Andere spülen, putzen, betreuen Kindersonntage und Jugendgruppen oder statten vermittelten Tieren Besuche ab.

Kontrollbesuche?

Auch, ja. Sie wollen sehen, ob es dem Tier gut geht oder ob sich der neue Halter überfordert fühlt und das Tier lieber an uns zurückgeben möchte.

Kommt es auch vor, dass Ehrenamtler Tiere zu sich nehmen?

Gelegentlich schon. Und das freut uns natürlich – obwohl wir dadurch einen Ehrenamtler verlieren. Interview: PETRA SCHELLEN

Ehrenamt-Sprechstunde: 17 Uhr, Hamburger Tierschutzverein, Süderstraße 399

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